Weihnachtsgratifikationen und Stichtagsklauseln

Ist ein Arbeitgeber nicht an einen Tarifvertrag gebunden, der entsprechende Leistungen vorsieht, kann er für sich entscheiden, ob er (freiwillig) zusätzliche Zahlungen zum laufenden Arbeitsentgelt, wie etwa Weihnachtsgratifikationen, erbringt.

Nachfolgende Darstellung soll kurz aufzeigen, unter welchen Voraussetzungen Weihnachtsgratifikationen davon abhängig gemacht werden können, dass zum Zeitpunkt der Auszahlung ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis vorliegt. Ein Urteil des BAG vom 18.01.2012 (10 AZR 667/10) hat hier für weitere Klarheit gesorgt.

Zulässigkeit von Stichtagsregelungen

Stichtagsregelungen sind zulässig, wenn die (bisherige oder zukünftige) Betriebstreue des Arbeitnehmers belohnt werden soll.

Erbringt der Arbeitgeber zum laufenden Entgelt zusätzliche Leistungen, wie etwa Weihnachtsgratifikationen oder Urlaubsgeld, auf die der Arbeitnehmer keinen (tariflichen) Anspruch hat, darf der Arbeitgeber auch die Voraussetzungen für die Auszahlung dieser Zusatzleistung festlegen.

Möchte der Arbeitgeber die zukünftige Betriebstreue des Arbeitnehmers belohnen, sind Stichtagsregelungen und Rückzahlungsklauseln zulässig (BAG vom 04.05.1999 – 10 AZR 417/98).

Beispiel: Der Arbeitnehmer erhält mit der Novembervergütung eines Kalenderjahres eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines halben Bruttomonatsgehalts, wenn das Arbeitsverhältnis zum 30.11. des Kalenderjahres in ungekündigtem Zustand besteht.

Unzulässigkeit von Stichtagsregelungen

Stichtagsregelungen sind jedoch dann ausgeschlossen, wenn es sich bei der Sonderzuwendung um Leistungen mit Vergütungscharakter handelt, wenn also die erbrachte Leistung (z. B. im vergangenen Kalenderjahr) nachträglich in einer Summe belohnt werden soll.

In einer Entscheidung aus dem Jahr 2011 (Urteil vom 12.04.2011 – 1 AZR 412/09) geht das BAG davon aus, dass ein „Bonus“ oder eine „Prämie“, die sich in Abhängigkeit der Erreichung persönlicher oder unternehmerischer Ziele berechnen, keine Treueprämie sondern eben eine (nachträgliche) Vergütung für erbrachte Leistungen des Arbeitnehmers darstellen. In diesem Fall sind Stichtagsregelungen ausgeschlossen.

Auslöser der Kündigung ist unbeachtlich

Im Bereich der Formulararbeitsverträge (nahezu jeder Arbeitsvertrag gilt seit 2002 als Formular-arbeitsvertrag) darf eine Stichtagsregelung den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen im Sinne von § 307 BGB.

In diesem Zusammenhang war bislang streitig, ob sich eine Stichtagsregelung danach differenzieren muss, wer Auslöser für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses war.

Im obigen Beispiel sollte der Arbeitnehmer die Weihnachtsgratifikation nur erhalten, wenn sich sein Arbeitsverhältnis am 30.11. eines Kalenderjahres in ungekündigtem Zustand befand. Der Arbeitgeber kündigt nun am 15.11.2011 ordentlich zum 31.12.2011.

Das LAG Hamm war in einer Entscheidung aus dem Jahr 2010 (Urteil vom 16.09.2010 – 15 Sa 812/10) noch der Ansicht, dass Stichtagsregelungen nur dann greifen dürften, wenn die Kündigung im Verantwortungsbereich des Arbeitnehmers (Eigenkündigung oder Vorliegen verhaltensbedingter Kündigungsgründe) liege.

Das BAG (Urteil vom 18.01.2012 – 10 AZR 667/10) vertritt demgegenüber eine andere Rechtsauffassung und hat das Urteil des LAG Hamm aufgehoben.
Zunächst stellt das BAG klar, dass der Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation vom ungekündigten Bestehen des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungszeitpunkt abhängig gemacht werden könne. Es komme dabei nicht darauf an, wer das Arbeitsverhältnis gekündigt hätte. Auch die Kündigung durch den Arbeitgeber dürfe die Stichtagsregelung berücksichtigen. Allerdings dürfe der Arbeitgeber nicht nur deshalb (ggf. sogar verfrüht) kündigen, um die Zahlung der Weihnachtsgratifikation zu vermeiden.

Im Beispiel zuvor soll der Arbeitnehmer zum 31.03.2012 (die ordentliche Kündigungsfrist beträgt einen Monat zum Monatsende) gekündigt werden. Der Arbeitgeber könnte also die Kündigung noch bis zum 29.02.2012 aussprechen. Im Hinblick auf die Stichtagsregelung kündigt der Arbeitgeber aber bereits am 15.11.2011 zum 31.03.2012. Dies wäre nach der Rechtsprechung des BAG nicht zulässig.

Zusammenfassung

Sonderzuwendungen des Arbeitgebers können als (zusammengefasstes) Leistungsentgelt oder als Treueprämien gewährt werden.

Stichtagsregelungen sind nur bei Treueprämie zulässig, wenn die (bisherige oder zukünftige) Betriebstreue des Arbeitnehmers belohnt werden soll.

Bei Weihnachtsgratifikationen spricht eine gewisse Vermutung dafür, dass diese eine Treueprämie darstellen.

Weihnachtsgratifikationen dürfen davon abhängig gemacht werden, dass zum Auszahlungszeitpunkt ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis besteht.

Die Stichtagsregelung muss nicht unterscheiden, wer Auslöser für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses war.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie im Mandantenbrief August 2012.

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