Fristlose Kündigung nur bei vorheriger umfassender Unterrichtung des Betriebsrates

Vor einer Kündigung wegen Diebstahls oder Diebstahl-Verdachts muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat nicht nur die von ihm festgestellten Fakten mitteilen, sondern auch den Verlauf des Arbeitsverhältnisses und seine Interessenabwägung. Dies stellt das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein klar (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 10.01.2012, Az.: 2 Sa 305/11).

Die 41-jährige Klägerin war bei der Beklagten seit 1999 als Reinigungskraft in einer Badeanstalt tätig. 2009 erhielt sie eine Abmahnung wegen Verlassens des Geländes ohne vorherige Abmeldung. Danach wurde sie noch zweimal ermahnt. Sie hatte zum einen den Arbeitsplatz erneut ohne Abmeldung verlassen und zum anderen während der Arbeitszeit ein privates Telefonat geführt, ohne dieses Gespräch als «privat» zu kennzeichnen. Sodann wurde die Klägerin im Betrieb beobachtet, wie sie das Fundsachenregal durchsuchte und ohne Rücksprache mit dem Arbeitgeber einen Tauchring mitnahm. Über dem Arm trug sie Kleidungsstücke. Der Arbeitgeber verdächtigte sie deswegen des Diebstahls. Die Klägerin äußerte sich dahingehend, dass sie den verlorenen Tauchring ihres Sohnes gesucht und Kleidungsstücke aus ihrem Spind geholt habe. Der Arbeitgeber schilderte dem Betriebsrat den Sachverhalt und hörte ihn zu einer beabsichtigten Kündigung wegen des Verdachts des Diebstahls an. Die Abmahnung und die Ermahnungen erwähnte er nicht. Auch begründete er nicht, was ihn erwogen hatte, trotz der langen Betriebszugehörigkeit zu kündigen. Danach wurde, trotz Bedenken des Betriebsrates, eine fristlose und vorsorglich eine fristgemäße Kündigung ausgesprochen.

Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben und die Kündigung als unverhältnismäßig eingeordnet. Das LAG hat das Urteil bestätigt, jedoch die Kündigung bereits aus formellen Gründen für unwirksam gehalten, weil dem Betriebsrat zu wenig mitgeteilt wurde. Grundsätzlich müsse der Arbeitgeber dem Betriebsrat mehr als nur die konkreten Fakten mitteilen, aus denen sich der Verdacht des Diebstahls ergebe. Er müsse ihn in der Anhörung auch über Abmahnungen, Ermahnungen etc. informieren und schildern, welche Gesichtspunkte er vor seinem Kündigungsentschluss wie gegeneinander abgewogen habe.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie im Mandantenbrief August 2012.

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