Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Lieferungen von Tablet-Computern und Spielekonsolen sowie edlen und unedlen Metallen

Zum 01. Oktober 2014 wurden die Anwendungsfälle für die Übertragung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger (Reverse-Charge-Verfahren) erneut ausgeweitet. Neben Tablet-Computern und Spielekonsolen unterliegt dann auch die Lieferung von edlen und unedlen Metallen dem Reverse-Charge-Verfahren. Die Regelung führt zu Abgrenzungsschwierigkeiten, die jeder Unternehmer beachten sollte.

Tablet-Computer und Spielekonsolen

Wird ein Tablet-Computer oder eine Spielekonsole an einen anderen Unternehmer veräußert, so hat künftig nicht mehr der Lieferant, sondern der Erwerber die Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen, sofern die Summe der Entgelte im Rahmen eines wirtschaftlichen Vorgangs mind. € 5.000,00 beträgt. In der Rechnung selbst wird keine Umsatzsteuer mehr ausgewiesen. 

Ein Tablet-Computer in diesem Sinne ist lt. Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 26. September 2014) ein tragbarer, flacher Computer in besonders leichter Ausführung, der vollständig in einem Touchscreen-Gehäuse untergebracht ist und mit den Fingern oder einem Stift bedient werden kann. Spielekonsolen wiederum sind Computer oder computerähnliche Geräte, die in erster Linie für Videospiele entwickelt werden. Neben dem Spielen können sie weitere Funktionen bieten, wie z. B. Wiedergabe von Audio-CDs, Video-DVDs und Bluray Discs.

Tipp: Beachten Sie, dass die Umkehr der Steuerschuldnerschaft auch dann gilt, wenn der erwerbende Unternehmer den Tablet-Computer auch oder sogar ausschließlich privat nutzt. 

Edle und unedle Metalle

Auch für die Lieferung edler und unedler Metalle an einen anderen Unternehmer greift künftig die Umkehr der Steuerschuldnerschaft. Welche Metalle hierunter fallen, ergibt sich aus der Anlage 4 des Umsatzsteuergesetzes. Aufgeführt werden in dieser Anlage Selen, Silber, Gold, Platin, Roheisen, Kupfer, Nickel, Aluminium, Blei, Zink, Zinn etc. Die Festlegung erfolgt unter Bezugnahme auf die entsprechenden Zolltarifnummern. Die Übertragung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger ist nicht von einem Mindestbetrag abhängig.

Besondere Probleme werden sich in der Praxis ergeben, wenn Unternehmer für ihre privaten Zwecke solche edlen oder unedlen Metalle erwerben. Hier wird es ohne eine Bagatellgrenze zu erheblichen Schwierigkeiten in der Abwicklung kommen.

Beispiel: Rechtsanwalt R ist selbständiger Unternehmer und bewohnt mit seiner Familie ein ausschließlich privat genutztes Einfamilienhaus. Da er handwerklich begabt ist, hat er die Terrasse an seinem Haus mit einer Überdachung versehen. Dazu hat er im Baumarkt u. a. verschiedene Zinkbleche erworben. Nach Ausführung der Arbeiten möchte er mit Freunden die Überdachung mit einer Grillparty einweihen. Neben den Lebensmitteln für die Grillparty kauft er auch drei Rollen Alufolie mit ein.

R wird als Unternehmer zum Steuerschuldner für die ihm gegenüber ausgeführten Lieferungen, auch wenn die Leistungen ausdrücklich für den privaten Bereich bezogen werden. Die Steuerschuld geht auf R über, wenn das Zinkblech und die Alufolie unter die entsprechenden Zolltarifnummern der Anlage 4 zum UStG fallen. Da dies offensichtlich der Fall ist, müssen die Verkäufer die Waren ohne USt verkaufen sowie eine Rechnung nach § 14a Abs. 5 UStG mit dem Hinweis „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ ausstellen. R muss die USt anmelden und ist – wegen des Bezugs für seine privaten Zwecke – vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen.

Gänzlich unübersichtlich wird die Rechtslage dann, wenn Eheleute (einer ist Unternehmer, der andere nicht) zusammen einkaufen gehen. Alleine die Feststellung, wer jetzt der Leistungsempfänger ist, wird im Alltagsgeschäft kaum zu prüfen sein.

Wichtig: Dem Gesetz folgend, müssen sich auch Personen, die sich vielleicht über ihre Unternehmereigenschaft im umsatzsteuerrechtlichen Sinne gar keine Gedanken machen (z. B. Kleinunternehmer, Vermieter mit steuerfreier Wohnungsvermietung) mit diesen Regelungen auseinander setzen.

Die Praxisprobleme gehen aber weiter. Auch Werklieferungen nach § 3 Abs. 4 UStG sind „Lieferungen“ iSd. UStG. Damit müssten auch Reparaturarbeiten z. B. an Gebäuden unter die Neuregelung fallen.

Beispiel: V besitzt ein Mietwohnhaus, das er ausschließlich steuerfrei an private Wohnungsmieter vermietet. Im Zusammenhang mit dem Einbau neuer Fenster werden auch neue Fensterbleche aus Aluminium angebracht.

V ist Unternehmer und bekommt eine Lieferung von Aluminiumblechen. Soweit die Aluminiumbleche unter die entsprechende Zolltarifsnummer fallen, wird V zum Steuerschuldner für die ihm gegenüber ausgeführte Werklieferung.

Tipp: Für bis zum 31. Dezember 2014 erfolgte Lieferungen von Tablet-Computern, Spielekonsolen, Edelmetallen und unedlen Metallen wird es nicht beanstandet, wenn die Vertragspartner einvernehmlich noch von der Steuerschuldnerschaft des leistenden Unternehmers ausgegangen sind, d. h. der Rechnungsaussteller dem Leistungsempfänger die Umsatzsteuer in Rechnung stellt und auch selbst an das Finanzamt abführt. 

Verbände und Kammern haben sich bereits an das BMF gewandt, um insbesondere bei der Lieferung von edlen und unedlen Metallen zu vernünftigen Abgrenzungsregelungen zu kommen. So verdeutlichen die dargestellten Beispiele, dass es zur Vermeidung von Praxisproblemen sinnvoll wäre, die Übertragung der Steuerschuldnerschaft bei den edlen und unedlen Metallen ebenfalls an ein Mindestentgelt zu binden. Bezweifelt werden kann darüber hinaus, ob die Regelungen vor dem Hintergrund der Anknüpfung an Zolltarifnummern im Alltagsgeschäft überhaupt umsetzbar sind. Wir werden Sie selbstverständlich auf dem Laufenden halten.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie im Mandantenbrief Oktober 2014.

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