Falsche Kilometerangaben als_Steuerhinterziehung

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat mit seinem Urteil vom 29. März 2011 zu der Frage Stellung genommen, welche steuerlichen Folgen aus überhöhten Entfernungsangaben (Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) gezogen werden können.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Sie wohnte in A und arbeitete 1996 in C. In der Einkommensteuererklärung 1996 gab sie hinsichtlich der Wege zwischen A und C an, sie sei über B gefahren, die einfache Entfernung, die sie mit ihrem eigenen PKW zurückgelegt habe, sei 28 km gewesen. In den Steuererklärungen 1997 bis 2005 gab die Klägerin jeweils als Arbeitsort B und als einfache Entfernung ebenfalls jeweils 28 km an. Diesen Angaben folgte das Finanzamt zunächst in allen Einkommensteuerbescheiden.

Bei der Bearbeitung der Erklärung 2006 fiel dem zuständigen Sachbearbeiter dann jedoch auf, dass die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte tatsächlich nur 10 km betrug. Das Finanzamt änderte daraufhin alle Einkommensteuerbescheide seit 1996 zuungunsten der Klägerin. Da vom Vorliegen einer Steuerhinterziehung auszugehen sei, gelte eine 10- jährige Verjährungsfrist, woraus folge, dass die Einkommensteuerbescheide ab 1996 wegen Vorliegens neuer Tatsachen geändert werden dürften. Mit der dagegen angestrengten Klage trug die Klägerin u.a. vor, sie sei irrtümlich davon ausgegangen, dass die Entfernungskilometer den tatsächlich gefahrenen Kilometern entsprochen hätten. In dieser Meinung sei sie durch die seit 1996 jährlich erklärungsgemäß erfolgten Veranlagungen bestärkt worden. Dem Finanzamt seien keine neuen Tatsachen nachträglich bekannt geworden.

Hierzu führte das Gericht weiter aus: Überhöhte Entfernungsangaben bei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte können grds. als Steuerhinterziehung gewertet werden. Dem Finanzamt kann nicht ohne Weiteres vorgehalten werden, es hätte die Falschangaben bemerken müssen. Im Streitfall können lediglich für 1996 die subjektiven Tatbestands- merkmale einer Steuerhinterziehung nicht angenommen werden. Es ist hier denkbar, dass die Klägerin die Eintragung der Wegstrecke von A nach C über B und die Angabe der Kilometer mit „28“ in der Annahme, die Entfernungskilometer entsprechen den tatsächlich gefahrenen Kilometern, lediglich versehentlich vorgenommen hat.

Für die anderen Streitjahre (1997 - 2005) ist jedoch vom Vorliegen einer Steuerhinterziehung auszugehen, weil sich der Arbeitsplatz ab 1997 in dem der Wohnung näher gelegenen B befunden hat, die Klägerin aber gleichwohl – wie 1996 – die weitere Fahrtstrecke angegeben hat. Der Klägerin muss es auch unter Zugrundelegung einer laienhaften Bewertung für möglich gehalten haben, dass sie mit den falschen Angaben einen höheren als den ihr zustehenden Werbungskostenabzug erreicht.

Dem Finanzamt sind auch neue Tatsachen, nämlich die geringere Entfernung von A nach B, nachträglich bekannt geworden. Die unzutreffenden Angaben der Klägerin sind weder widersprüchlich noch zweifelhaft, sondern eindeutig gewesen, es hat für das Finanzamt kein Anlass bestanden, den Angaben der Klägerin von vorneherein mit Misstrauen zu begegnen. Hinzu kommt, dass Veranlagungsarbeiten von immer wieder wechselnden Bearbeitern erledigt werden, die nicht in jedem Fall über hinreichende Ortskenntnisse verfügen. Eine Änderung eines Bescheides kann zwar nach Treu und Glauben ausgeschlossen sein, wenn dem Finanzamt die nachträglich bekannt gewordene Tatsache bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Ermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wäre. Allerdings muss der Steuerpflichtige seinerseits seine Mitwirkungspflicht erfüllt haben, was hier gerade nicht der Fall war.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie im Mandantenbrief Mai 2011. 
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