Entschädigungsanspruch, wenn ein privater Arbeitgeber nicht prüft, ob er freie Stellen mit Schwerbehinderten besetzen kann

Prüft ein Arbeitgeber nicht, ob ein freier Arbeitsplatz mit einem schwerbehinderten Bewerber besetzt werden kann, begründet dies die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung. Um auch arbeitslose oder arbeitssuchend gemeldete schwerbehinderte Menschen zu berücksichtigen, müssten Arbeitgeber frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit aufnehmen. Diese in § 81 Abs. 1 SGB IX geregelte gesetzliche Pflicht treffe alle Arbeitgeber, nicht nur die des öffentlichen Dienstes (BAG, Urteil vom 13.10.2011 - 8 AZR 608/10). 

Ein mit einem Grad von 60 % Schwerbehinderter bewarb sich auf eine als Mutterschaftsvertretung ausgeschriebene Stelle. Der Arbeitgeber erteilte ihm eine Absage. Er hatte zuvor nicht geprüft, ob die Stelle mit einem schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann und hatte diesbezüglich auch keinen Kontakt mit der Agentur für Arbeit aufgenommen. Der Stellenbewerber sah sich wegen seiner Behinderung benachteiligt und klagte auf Entschädigung. Während die Vorinstanzen eine Benachteiligung verneint hatten, bekam er vor dem Bundesarbeitsgericht Recht. Die Prüfpflicht zur Berück-sichtigung schwerbehinderter Menschen bei der Besetzung freier Stellen bestehe immer und für alle Arbeitgeber – unabhängig davon, ob sich ein schwerbehinderter Mensch beworben oder bei der Bewerbung seine Schwerbehinderung offenbart hat. Werde diese Pflicht verletzt, sei dies ein Indiz dafür, dass die Ablehnung eine Benachteiligung wegen der Behinderung sei.

Tipp: Diese Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts sollten Sie unbedingt bei der Besetzung freier Arbeitsplätze beachten, da ansonsten teure Konsequenzen drohen. Hat die Agentur für Arbeit mitgeteilt, dass kein geeigneter schwerbehinderter Mensch gemeldet ist, haben Sie Ihre Verpflichtung erfüllt und Sie brauchen keine Entschädigungsklage zu fürchten. Wird ein geeigneter Bewerber genannt, sollten Sie diesen unbedingt zum Vorstellungsgespräch laden. Eine ggf. spätere Ablehnung sollten Sie unbedingt sorgfältig benachteiligungsfrei dokumentieren.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie im Mandantenbrief Januar 2012.

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