Einzahlung der Stammeinlage muss nicht immer mit Beleg nachgewiesen werden

Gründet ein Steuerpflichtiger eine GmbH und leistet er seinen Geschäftsanteil, zählt der Zahlungsbetrag zu seinen Anschaffungskosten auf die Beteiligung. Er kann die An- schaffungskosten bei einer Veräußerung seines GmbH-Anteils oder bei einer Insolvenz der GmbH steuerlich geltend machen, sofern er an der GmbH wesentlich (d. h. mit mindestens einem Prozent) beteiligt war.

Der BFH hatte mit seinem Urteil vom 08. Februar 2011 zu entscheiden, ob die Anschaffungs- kosten auch dann steuerlich geltend gemacht werden können, wenn der Steuerpflichtige für die Erbringung der Stammeinlage keinen Einzahlungsbeleg vorlegen kann.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Steuerpflichtige gründete 1986 eine GmbH, an der sie mit 1/3 beteiligt war. Ihre Stammeinlage von DM 16.500,00 war laut Gesellschaftsvertrag zur Hälfte sofort in bar fällig. In der Bilanz zum 31. Dezember 1986 waren die ausstehenden Einlagen mit DM 0,00 ausgewiesen. Diese Bilanz war auch vom Finanzamt geprüft worden. 2006 ging die GmbH in die Insolvenz und wurde im Handelsregister gelöscht. Die Steuerpflichtige machte ihre Stammeinlage von DM 16.500,00 (= € 8.436,32) als Anschaffungskosten steuerlich geltend und erklärte einen Verlust. Das Finanzamt erkannte den Verlust aber nicht an, weil die Steuerpflichtige für die Erbringung ihrer Stammeinlage keinen Einzahlungsbeleg vorgelegt hat.

Der BFH gab der Klage statt, da er keine Zweifel hatte, dass die Steuerpflichtige die Stammeinlage vollständig eingezahlt hatte. Kann der Einzahlungsbeleg nicht mehr vorgelegt werden, sind die vorhandenen Indizien zu würdigen und zu prüfen, ob sich hieraus die Zahlung ergibt. Im Steuerrecht gilt der Untersuchungsgrundsatz, so dass sowohl Finanzamt als auch das Finanzgericht von sich aus die einzelnen Indizien berücksichtigen müssen.

Für die vollständige Erbringung der Stammeinlage und damit für eine Anerkennung der Anschaffungskosten in voller Höhe sprachen u. a. folgende Punkte:

  • Lt. Gesellschaftsvertrag war die Steuerpflichtige zur Zahlung der Stammeinlage in Höhe der Hälfte sofort verpflichtet und sollte die weitere Hälfte nach Anforderung durch die Geschäftsführer erbringen. Bereits in der Bilanz zum 31. Dezember 1986 waren die ausstehenden Einlagen mit DM 0,00 ausgewiesen.
  • Die Bilanz zum 31. Dezember 1986 war vom Finanzamt geprüft worden. Hätte der Außenprüfer festgestellt, dass noch Einlagen ausstanden, hätte er den entsprechenden Einzahlungsanspruch zugunsten der GmbH feststellen müssen.
  • Die GmbH ist auch nach ihrer Gründung im Jahr 1986 im Handelsregister eingetragen worden. Dies setzt aber voraus, dass zumindest 50 % der Einlagen geleistet worden ist. Die Eintragung spricht damit für die Richtigkeit der Bilanz zum 31. Dezember 1986.


Tipp: Das Urteil zeigt, dass der Steuerpflichtige Sachverhalte, die lange Zeit zurückliegen, nicht zwingend durch Beleg nachweisen muss. Er kann auch Indizien benennen, aus denen sich die Richtigkeit seiner Behauptung ergibt. Dies kommt z. B. auch bei der Höhe von Anschaffungskosten für Gebäude in Betracht, die vor vielen Jahren durch den Steuerpflichtigen oder seinen Rechtsvorgänger (Erblasser) erworben wurden und bei denen die Abschreibung jetzt erstmalig geltend gemacht wird. Belege über Anschaffungskosten (Verträge, Überweisungsträger) sollten dennoch vorsorglich immer aufgehoben werden, auch wenn insoweit keine Aufbewahrungspflicht besteht.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie im Mandantenbrief August 2011. 
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