Zurechnung von Steuervorauszahlungen bei Scheidung

Leistet ein Steuerpflichtiger nach seiner Scheidung Vorauszahlungen auf einen Vorauszahlungsbescheid, der erst nach der Scheidung, jedoch in Unkenntnis des Finanzamtes von derselben ergangen ist, so ist davon auszugehen, dass die Zahlung des geschiedenen Ehegatten für beide Ehegatten erfolgen sollte.

Dies hat das Finanzgericht (FG) Schleswig-Holstein am 06. April 2015 entschieden und eine Erstattungspflicht des Finanzamtes nach § 37 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) verneint. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die vom FG zugelassene Revision ist beim Bundesfinanzhof anhängig. 

Im zugrunde liegenden Fall war die Pflicht des Finanzamts zur Erstattung nach § 37 Abs. 2 AO streitig. Die Ehe des Klägers bestand vor Erlass des Vorauszahlungsbescheides und zum Zeitpunkt der durch den Kläger geleisteten Vorauszahlungen bereits nicht mehr. Das Finanzamt erfuhr hiervon aber erst im Nachhinein, jedoch noch vor Erlass des Einkommensteuerbescheides. Die vom Kläger geleisteten Vorauszahlungen rechnete es lediglich hälftig an. 

Zu Recht, wie das Finanzgericht entschieden hat. Der bestandskräftige Vorauszahlungsbescheid bilde trotz geschiedener Ehe den Rechtsgrund für die geleisteten Zahlungen des Klägers. Deswegen bestehe ein Gesamtschuldverhältnis, für das unter der Maßgabe des § 26 Absatz 1 EStG die Tilgungsvermutung gelte, dass für beide Ehegatten geleistet werden solle. Vorliegend lägen wegen der Scheidung die objektiven Voraussetzungen, an die die Vermutung der Tilgungsabsicht anknüpfe, nicht mehr vor. Da aber für die Frage, auf wessen Rechnung die Zahlung eines Gesamtschuldners erfolge, auf den im Zeitpunkt der Zahlung gegenüber dem Finanzamt erkennbar hervorgetretenen Willen des Zahlenden abzustellen sei, greife die Vermutung vorliegend durch. Denn das Finanzamt habe zum Zeitpunkt der Zahlungen weder gewusst, dass die Eheleute dauernd getrennt lebten, noch, dass die Ehe zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr existierte. 

Tipp: Sofern vom Finanzamt Einkommensteuervorauszahlungen festgesetzt werden und diese nur von einem Ehegatten überwiesen werden, so ist das Finanzamt bereits bei Überweisung der Vorauszahlungen in Kenntnis zu setzen, sofern die Zahlung nicht für beide Ehegatten geleistet werden soll. 

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie im Mandantenbrief Mai 2015. 

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