Unisex-Tarife in der betrieblichen Altersvorsorge - Aufklärungspflicht des Arbeitgebers

Am 01. März 2011 erschütterte ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) die nationale Versicherungswirtschaft. Ab dem 21. Dezember 2012 dürfen keine geschlechtsabhängig kalkulierten Versicherungstarife mehr angewendet werden. Damit rüttelt die europäische Justiz an den Grundfesten der Versicherungsmathematik. Der EuGH hat entschieden, dass unterschiedliche Prämien für Frauen und Männer diskriminierend und somit unzulässig sind. Somit wird es ab dem 21. Dezember 2012 nur noch sogenannte „Unisex-Tarife“, d. h. geschlechtsneutrale Tarife geben.

Am 22. Dezember 2011 hat die Europäische Kommission Leitlinien zur Umsetzung des o. g. Urteils herausgegeben, in denen festgelegt ist, dass die neue Regelung nur für neue Verträge gilt. Unter einem neuen Vertrag versteht die Kommission nicht nur Neuabschlüsse ab dem 21. Dezember 2012, sondern auch individuelle Vertragsänderungen sowie die individuell vereinbarte Verlängerung bestehender Verträge.

Was bedeutet diese neue Rechtslage für Arbeitgeber im Hinblick auf die im Unternehmen bestehende betriebliche Altersversorgung?

Der EuGH verpflichtet auch Arbeitgeber in der betrieblichen Altersversorgung, ab 21. Dezember 2012 nur noch so genannte Unisextarife (geschlechtsneutrale Versicherungstarife) zu verwenden. So zum Beispiel auch bei Direktversicherungen. Bisher bekommen Arbeitnehmerinnen bei gleich hohen Einzahlungsbeträgen eine geringere Betriebsrente als Arbeitnehmer, denn Männer besitzen eine kürzere Lebenserwartung und bekommen deshalb bei gleichem Beitrag nach „altem Recht“ eine höhere Altersrente.

Es stellt sich daher die Frage nach einer möglichen Arbeitgeberhaftung durch erforderliche Rentennachzahlungen für Frauen. So könnte die Entscheidung des EuGH dazu führen, dass Betriebsrentnerinnen auf höhere Leistungen klagen. Dies betrifft beitragsorientierte Versicherungstarife bei Direktversicherungen, Pensionskassen und rückgedeckten Unterstützungskassen, denn hier wurden bisher fast ausnahmslos keine Unisex-Tarife eingesetzt.

Aus Arbeitgebersicht sollten daher bestehende betriebliche Altersvorsorgeverträge unter Zuhilfenahme eines Versicherungsfachmannes auf diese Thematik durchleuchtet werden. Insbesondere sollten bestehende betriebliche Altersvorsorgeverträge einer sog. „Günstigerprüfung“ unterzogen werden. Es empfiehlt sich in versicherungstechnischer Hinsicht eine Prüfung, ob bestehende Verträge entsprechend der neuen Rechtslage angepasst werden können.

Um Nachteile zu vermeiden, empfehlen wir Arbeitgebern, ihre Mitarbeiter in jedem Fall darüber aufzuklären, dass

  • ab dem 21.12.2012 im Bereich der betrieblichen Altersversorgung für die Mitarbeiter nur noch Unisex-Tarife angeboten werden und
  • sich die Anwendung von Unisex-Tarifen auf die Beitragshöhe von Männern und Frauen auswirken wird und nach vorläufigen Berechnungen davon auszugehen ist, dass Rentenversicherungen für Männer tendenziell teurer, für Frauen tendenziell günstiger werden.

Tipp: Wir empfehlen, die Mitarbeiterinformation schriftlich zu dokumentieren.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie im Mandantenbrief September 2012.

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