Steuerhinterziehung bei fehlender Erklärung von Rentenbezügen

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat mit seinem Urteil vom 23. März 2011 zu der Frage, welche steuerlichen Folgen aus unterlassenen Angaben zum Bezug von Rentenzahlungen gezogen werden können, Stellung genommen.

Im Streitfall wurden die Kläger zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist pensionierter Beamter. Die Klägerin bezog seit dem 01.Juli1993 als Rentnerin eine Regelaltersrente von der Deutschen Rentenversicherung, die jährlich zwischen DM 2.860,00 (1993) und € 4.060,00 (2007) lag. In den abgegebenen Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1993 bis 2006 hatten die Kläger keine Angaben zur Rente der Klägerin gemacht. Als Berufsbezeichnung wurde „Hausfrau“ angegeben. Lediglich in der Einkommensteuer- erklärung 2007 wurde im Erklärungsvordruck bei „Renten lt. Anlage R für Ehefrau“ ein Kreuz gesetzt, die Anlage R wurde aber zunächst nicht eingereicht.

Das Finanzamt führte die Veranlagungen erklärungsgemäß durch und erließ entsprechende Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1993 bis 2007, die bestandskräftig wurden.

Im Vorgriff auf die Abgabe der Einkommensteuererklärung 2008 kam in einem Telefon- gespräch zwischen dem Finanzamt und dem Enkel der Kläger die Altersrente der Klägerin zur Sprache. Daraufhin änderte das Finanzamt im Jahr 2009 wegen Vorliegens neuer Tatsachen die Einkommensteuerbescheide 1998 bis 2007 dahin, dass die Altersrente der Klägerin nach den jeweils einschlägigen einkommensteuerrechtlichen Regelungen erfasst und entsprechende Nachzahlungen veranlasst wurden.

Dagegen waren die Kläger u. a. der Ansicht, eine Änderung der Steuerbescheide wegen neuer Tatsachen komme nicht in Betracht. Es sei damals auf ihre Anfrage eine Auskunft dahin erteilt worden, dass die Rente der Klägerin wegen ihrer geringen Höhe nicht steuerpflichtig sei. Da das Geburtsdatum der Klägerin sowie der Umstand bekannt gewesen sei, dass zur Rentenberechtigung führende Kindererziehungszeiten vorgelegen hätten, hätte das Finanzamt bei gehöriger Erfüllung seiner Amtspflicht auch aus diesem Grunde von der Rente Kenntnis haben können und müssen. Darüber hinaus sei für die Veranlagungs- zeiträume 1998 bis 2003 Verjährung eingetreten, eine Ausdehnung der Verjährung auf 10 Jahre wegen Steuerhinterziehung komme nicht in Betracht. Die Klägerin sei aufgrund der Information des Finanzamts irrtümlich davon ausgegangen, dass ihre Rente nicht der Besteuerung unterliege. Bei diesem Irrtum handele es sich um einen Vorsatz ausschließenden Tatbestandsirrtum.

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz war jedoch der Ansicht, dass das Finanzamt befugt und damit auch gleichzeitig verpflichtet gewesen sei, die Einkommensteuerfestsetzungen der Jahre 1998 bis 2007 zu Lasten der Kläger zu ändern und wies die gegen die Änderungs- bescheide gerichtete Klage insoweit ab.

Die Entscheidung beruht im Wesentlichen auf folgenden rechtlichen Erwägungen:

Ausgangspunkt der gerichtlichen Überprüfung war der Umstand, dass ein Steuerpflichtiger den steuerlich relevanten Sachverhalt dem Finanzamt richtig, vollständig und deutlich zur Prüfung zu unterbreiten hat. Das Gericht war u. a. der Meinung, dass im Streitfall neue Tatsachen gegeben seien. Aus den Akten ergäben sich keine objektiven Hinweise auf einen Rentenbezug. Eine Rente der Klägerin werde an keiner Stelle erwähnt. Des Weiteren sei in den Steuererklärungen als Beruf immer „Hausfrau“ und nicht „Rentnerin“ angegeben worden. Ein Hinweis, dass auf die genaue Deklaration der Rente wegen einer Auskunft, sie sei steuerfrei, verzichtet worden wäre, gebe es nicht. Dem Finanzamt sei der Rentenbezug daher nicht bekannt gewesen. Allein aus dem Alter der Klägerin und dem Vorliegen von Kindererziehungszeiten könne nicht ohne Weiteres auf einen Rentenbezug geschlossen werden. Die Kläger hätten damit unvollständige Angaben gemacht, obwohl auf Seite 1 der Anleitungen zu den Einkommensteuererklärungen alle Rentner mit dem Hinweis angesprochen würden, dass eine entsprechende Anlage abzugeben sei.

Für die Veranlagungszeiträume 1998 bis 2003 sei keine Verjährung eingetreten, denn im Streitfall sei vom Vorliegen einer Steuerhinterziehung auszugehen (Verlängerung der Verjährungsfrist auf 10 Jahre, also zurück bis einschließlich 1998). Für eine Steuerhinter- ziehung sei es ausreichend, wenn der Steuerpflichtige anhand einer u. U. laienhaften Bewertung der Tatsachen erkenne, dass ein Steueranspruch existiert, auf den er einwirken könne, denn sonst käme nur die Strafbarkeit von Steuerfachleuten in Betracht. Indem die Kläger in ihren Einkommensteuererklärungen keine Angaben zur Rente der Klägerin gemacht hätten, so dass deren steuerpflichtiger Teil bei der Einkommensteuerfestsetzung unberücksichtigt geblieben sei, hätten sie den objektiven Tatbestand der Steuerhinter- ziehung erfüllt. Dies sei nach Überzeugung des Senats auch in der Absicht geschehen, die entsprechenden Einkünfte zu verschleiern.

Die Kläger hätten es von 1993 an unterlassen, die Rente der Klägerin zu erklären oder auch nur auf sie hinzuweisen, obwohl in den Anleitungen zu Einkommensteuererklärungen aller Streitjahre – dort gleich auf der ersten Seite – alle Rentner angesprochen und aufgefordert würden, eine entsprechende Anlage abzugeben. In den von den Klägern abgegebenen Anlagen zu Kapitaleinkünften sei auf deren Rückseite ausdrücklich nach sämtlichen Altersruhegeldern, getrennt nach Ehemann und Ehefrau, gefragt worden, ohne dass sich hieraus ein Hinweis auf irgendeine Mindestgrenze oder einen „Rentenfreibetrag“ herauslesen ließe. Zudem sei durchgängig als Beruf „Hausfrau“ und nicht „Rentnerin“ angegeben worden. Die von den Klägern angesprochene Auskunft, die Rente sei steuerfrei, sei demgegenüber nicht hinreichend erläutert worden. Die Kläger hätten eben nicht dargelegt (noch ergebe sich das aus den Verwaltungsakten), wer diese Auskunft wann, wo und bei welcher Gelegenheit gegeben haben solle.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie im Mandantenbrief Juli 2011. 
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