(Nicht) zu beachten? – Dienstliche SMS in der Freizeit

LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27.09.2022

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer nicht verpflichtet ist in seiner Freizeit dienstliche SMS zu lesen. Eine hierauf gestützte Abmahnung ist unbegründet.

Geklagt hatte ein Notfallsanitäter gegen seinen Arbeitgeber, der ihm eine Abmahnung ausgesprochen hatte wegen unentschuldigten Fehlens bei der Arbeit. Der Arbeitgeber hatte an den Sanitäter eine kurzfristige Dienstplanänderung für den Folgetag mitteilen wollen und versuchte den Arbeitnehmer in zwei Fällen telefonisch, per SMS und einmal per E-Mail deswegen zu erreichen. Der Angestellte war jedoch nicht zu erreichen – er hatte ja keinen Dienst – und meldete sich jeweils wie ursprünglich geplant zu den zuvor festgelegten Diensten zur Arbeit. Der Arbeitgeber sprach dann zunächst eine Ermahnung und später dann die streitgegenständliche Abmahnung aus.

Gegen die Abmahnung wandte sich der Kläger zunächst vor dem Arbeitsgericht ohne Erfolg. Erst in der Berufungsinstanz bekam der Mann Recht.

Nach Ansicht der Richter habe der Arbeitgeber damit rechnen müssen, dass der Kläger die ihm geschickte SMS erst mit Beginn seines Dienstes zur Kenntnis nehmen würde. Erst zu diesem Zeitpunkt sei der Kläger verpflichtet, seiner Arbeit nachzugehen und dazu gehöre auch, die in seiner Freizeit bei ihm eingegangenen dienstlichen Nachrichten des Arbeitgebers zu lesen.

Der Kläger habe sich damit nicht treuwidrig verhalten, indem er die Kontaktversuche zuvor ignorierte. Das Recht auf Nichterreichbarkeit diene neben dem Gesundheitsschutz des Arbeitnehmers dem Persönlichkeitsschutz, führte das LAG zur Begründung aus. Es gehöre zu den vornehmsten Persönlichkeitsrechten, dass ein Mensch selbst entscheiden könne, für wen er / sie in der Freizeit erreichbar sein will oder nicht.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie in dem Mandantenbrief Februar 2023.

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