Nicht erlaubt – Einseitige Umstellung von Urlaubsgeld zur Erreichung des Mindestlohns

LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.01.2024, Az. 3 Sa 4/23

Nach einer Entscheidung des LAG Baden-Württemberg kann ein Arbeitgeber das Urlaubsgeld nicht einseitig von einer jährlichen auf monatliche Zahlungen umstellen, um den Mindestlohn zu erreichen.

In der Sache ging es darum, dass eine Arbeitgeberin die Erfüllung des gesetzlichen Mindestlohanspruch über die zuvor gewährten Sonderzahlungen bewerkstelligen wollte. Die spätere Klägerin, eine Mitarbeiterin der Beklagten, hatte im Juni und Dezember 2021 noch jeweils Urlaubs- und Weihnachtsgeld als Einmalzahlung erhalten. Ende 2021 kündigte die Arbeitgeberin dann an, Urlaubs- und Weihnachtsgeld künftig vorbehaltlos und unwiderruflich monatlich zu zahlen und auf das Grundgehalt anzurechnen. Ab Januar fanden sich dann auf den monatlichen Abrechnungen „Abschläge für das 13. Gehalt".

Hiergegen richtete sich die Klage der Angestellten. Sie behauptete, dass die Arbeitgeberin durch das Anrechnen des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes in monatlichen Abschlägen auf das Grundgehalt das Mindestlohngesetz aushebeln wollte.

Sie bekam zumindest teilweise Recht. Nach der Entscheidung des LAG kann die vereinbarte Zeit für eine jährliche Zahlung nicht einseitig von der Arbeitgeberin auf monatliche Zahlung umgestellt werden, damit der Mindestlohn erreicht wird. Aufgrund der jahrelang von der Frau akzeptierten Zahlung in zwei Einmalbeträgen im Sommer und Winter hätten die Parteien eine Leistungszeit nach § 271 Abs. 1 BGB bestimmt. Das Unternehmen könne sich insoweit nicht auf § 271 Abs. 2 BGB berufen, wonach der Schuldner „im Zweifel auch früher zahlen“ könne.

Denn, so die Richter, greife die Vermutung als Auslegungsregel nicht ein, wenn sich aus Gesetz, Vereinbarung oder auch den Umständen etwas Anderes ergebe. Hier ergebe sich nach dem LAG aus den Umständen ein berechtigtes Interesse der Arbeitnehmerin daran, nicht durch Zulassung von vor dem vereinbarten Zahlungszeitpunkt geleisteten Sonderzahlungen eine Anrechnung auf ihren gesetzlichen Mindestlohnanspruch zu ermöglichen. Ob eine solche Verfahrensweise zudem wegen Umgehung des Mindestlohngesetzes unzulässig wäre, ließen die Richter offen, da es in dem konkreten Fall nicht mehr darauf ankam.

Das Gericht ließ den Rechtsweg zum BAG für die Beklagte jedoch offen.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie in dem Mandantenbrief März 2024.

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