Neue Rechtsprechung des BFH zur regelmäßigen Arbeitsstätte

In drei Urteilen hat der Bundesfinanzhof (BFH) unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass ein Arbeitnehmer nicht mehr als eine regelmäßige Arbeitsstätte pro Beschäftigungsverhältnis innehaben kann. Die neue Rechtsprechung betrifft insbesondere Arbeitnehmer, die an mehreren betrieblichen Einrichtungen ihres Arbeitgebers tätig sind, sowie Außendienstmitarbeiter und Monteure.

Ausgangslage

Dem Begriff der „regelmäßigen Arbeitsstätte“ kommt u. a. im Reisekostenrecht sowie bei der Berechnung des geldwerten Vorteils aus einer Firmenwagengestellung (sog. 0,03%-Regelung) entscheidende Bedeutung zu. So ist eine steuerfreie Erstattung von Reisekosten (Fahrtkosten, Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwendungen) grundsätzlich nur möglich, wenn der Arbeitnehmer sich auf einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit befindet und gerade nicht an seiner regelmäßigen Arbeitsstätte tätig wird.

Änderung der Rechtsprechung

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH konnte ein Arbeitnehmer, der in mehreren betrieblichen Einrichtungen seines Arbeitgebers tätig war, gemäß der sog. „46-Tage-Regelung“ auch mehrere regelmäßige Arbeitsstätten nebeneinander innehaben. Als Wertansatz für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte musste bei Pauschalversteuerung monatlich 0,03 % des Brutto-Inlands-Listenneupreises je Entfernungskilometer angesetzt werden.

Hieran hält der Lohnsteuersenat des BFH jedoch nicht länger fest und begründet dies damit, dass der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit eines Arbeitnehmers nur an einem Ort liegen könne. Denn nur insoweit könne sich ein Arbeitnehmer auf die Wegstrecke zwischen seiner Wohnung und seiner beruflichen Tätigkeitsstätte kostenmindernd einstellen. Übt ein Arbeitnehmer hingegen an mehreren betrieblichen Einrichtungen seines Arbeitgebers seinen Beruf aus, ist es ihm - so der BFH weiter - nicht möglich, die bei ihm anfallenden Wegekosten (etwa durch Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, durch Bilden von Fahrgemeinschaften etc.) gering zu halten.

Nur eine regelmäßige Arbeitsstätte

Wesentliches Kriterium der neuen BFH-Rechtsprechung ist es, dass der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit eines Arbeitnehmers nur an einem Ort liegen kann. Ist ein Arbeitnehmer hingegen an mehreren betrieblichen Einrichtungen seines Arbeitgebers tätig, ist der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit anhand der Umstände des Einzelfalles zu bestimmen. Hierbei ist nach Auffassung des BFH insbesondere die Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einer bestimmten betrieblichen Einrichtung seines Arbeitgebers, der Inhalt der Tätigkeit des Arbeitnehmers an einer solchen Arbeitsstätte (gegebenenfalls im Verhältnis zu seiner Tätigkeit an anderen betrieblichen Einrichtungen), das konkrete Gewicht dieser Tätigkeit, zu berücksichtigen. Im Ergebnis muss dabei der regelmäßigen Arbeitsstätte gegenüber den weiteren Tätigkeitsorten zentrale Bedeutung zukommen.

Konsequenzen für die Praxis

Die zuvor dargestellten Entscheidungen des BFH dürften zu erheblichen Vereinfachungen in der lohnsteuerlichen Arbeitgeberpraxis führen. Hervorzuheben sind dabei insbesondere die positiven Auswirkungen im Bereich des Reisekostenrechts und der Firmenwagenversteuerung bei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Komplizierte Berechnungen von geldwerten Vorteilen wegen Fahrten mit einem Firmenwagen von der Wohnung zu mehreren regelmäßigen Arbeitsstätten, das "Aufsplitten" der Firmenwagennutzung beim Aufsuchen mehrerer Tätigkeitsstätten an einem Arbeitstag und die entsprechend komplizierte Ermittlung von Verpflegungsmehraufwendungen könnten künftig entbehrlich sein, verbunden mit möglicherweise erheblichen Kosteneinsparungen auf Seiten der Arbeitgeber. Die auf die Arbeitgeber nunmehr zu kommende Schwierigkeit wird jedoch sein, anhand der durch den BFH vorgegebenen Merkmale den Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers zu bestimmen und damit den Ort der regelmäßigen Arbeitsstätte festzulegen.

Unklar ist bisher noch, ob die Finanzverwaltung die zuvor dargestellten Grundsätze vollumfänglich umsetzen wird. Über die weitere Entwicklung werden wir Sie selbstverständlich informieren.

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