Keine Erstattungspflicht des Arbeitnehmers für Personalvermittlung

BAG, Urteil vom 20.06.2023, Az. 1 AZR 265/22

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass eine Regelung im Arbeitsvertrag unwirksam ist, die den Arbeitnehmer zu einer Erstattung einer für das Zustandekommen des Arbeitsvertrages an einen Dritten gezahlte Vermittlungsprovision verpflichtet.

Durch die Vermittlung eines vom Arbeitgeber beauftragten Personaldienstleisters war der spätere Kläger mittels eines Ende März 2021 abgeschlossenen Arbeitsvertrages bei der späteren Beklagten beschäftigt. Die Tätigkeit nahm der Kläger ab dem 01.05.2021 bei der Beklagten auf.

Die Arbeitgeberin hatte an den Personalvermittler eine Vermittlungsprovision für die Vermittlung des Arbeitnehmers gezahlt. Diese Provision sollte nach dem zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschlossenen Arbeitsvertrag von dem Arbeitnehmer erstattet werden, wenn das Arbeitsverhältnis nicht „über den 30.06.2022 hinaus fortbestehen“ sollte.

Bereits kurz nach Beginn der Tätigkeit hatte der Arbeitnehmer schon genug von seinem neuen Arbeitgeber und kündigte das Arbeitsverhältnis zum 30.06.2021 wieder. Die Arbeitgeberin behielt aufgrund der Beendigung des Vertrages „vor Ablauf des 30.06.2022“ einen Teil der geschuldeten Vergütung des Arbeitnehmers ein und berief sich auf die Erstattungsklausel in dem Vertrag.

Der Kläger hielt die Erstattungsregelung in dem beendeten Arbeitsvertrag für unwirksam, da sie ihn unangemessen benachteilige. Er erhob Klage auf Zahlung der restlichen Vergütung. Die Beklagte wollte im Rahmen einer erhobenen Widerklage vom Gericht die Wirksamkeit der Klausel bestätigt wissen und machte ihr berechtigtes Interesse an der Provision geltend.

Der klagende Arbeitnehmer bekam in allen Instanzen Recht zugesprochen. Letztlich wies das Bundesarbeitsgericht die Revision des beklagten Arbeitgebers zurück. Die Bundesrichter bestätigten die Vorinstanzen und bestätigten, dass die Provisionsregelung den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige und daher nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sei. 

Durch die Klausel werde der Kläger in seinem von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG garantierten Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes beeinträchtigt, ohne dass dies durch begründete Interessen der Beklagten gerechtfertigt wäre. Der Arbeitgeber habe grundsätzlich das unternehmerische Risiko dafür zu tragen, dass sich von ihm getätigte finanzielle Aufwendungen für die Personalbeschaffung nicht lohnen, weil der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis in rechtlich zulässiger Weise beende. Es bestehe deshalb kein billigenswertes Interesse der Beklagten, solche Kosten auf den Kläger zu übertragen. Der Kläger erhalte auch keinen Vorteil, der die Beeinträchtigung seiner Arbeitsplatzwahlfreiheit ausgleichen könnte, so das BAG. 

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie in dem Mandantenbrief Juli 2023.

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