Haben Leiharbeitnehmer eine erste Tätigkeitsstätte?

Nach Ansicht des Finanzgerichts Niedersachsen vom 30. November 2016 ist der Betrieb des Entleihers auch seit dem ab 2014 geltenden Reisekostenrecht keine erste Tätigkeitsstätte des Leiharbeitnehmers. Diese steuerzahlerfreundliche Entscheidung muss aber noch vom Bundesfinanzhof überprüft werden. 

Hintergrund:

Die erste Tätigkeitsstätte ist für die Besteuerung von Arbeitnehmern von zentraler Bedeutung – und das aus folgenden Gründen:

Für die Fahrten zwischen der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte gilt die Entfernungspauschale von € 0,30 pro Entfernungskilometer.

Handelt es sich demgegenüber um eine beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit, können € 0,30 pro gefahrenen Kilometer durch den Arbeitgeber erstattet bzw. durch den Arbeitnehmer als Werbungskosten abgesetzt werden – also doppelt so viel. Zudem kommt für die ersten drei Tätigkeitsmonate eine Verpflegungspauschale (je nach Abwesenheitszeiten) in Betracht.

Zu der bis 2013 geltenden Rechtslage hatte der Bundesfinanzhof entschieden, dass Leiharbeitnehmer typischerweise nicht über eine regelmäßige Arbeitsstätte (so der bisherige Begriff) verfügen und daher die Fahrtkosten zu dem Entleihbetrieb nach Dienstreisekostengrundsätzen berechnen können.

Seit 2014 ist erste Tätigkeitsstätte die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Die Zuordnung wird durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt.

Von einer Zuordnung auf Dauer ist insbesondere dann auszugehen, wenn

  • der Arbeitnehmer unbefristet, 
  • für die Dauer des Dienstverhältnisses oder 
  • über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus

an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll.

Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist die Zuordnung „bis auf Weiteres“ eine Zuordnung ohne Befristung und damit dauerhaft.

In der Entscheidung des Finanzgerichts Niedersachsen ging es um folgenden Sachverhalt:

Ein Steuerpflichtiger war seit Mai 2012 bei einer Leiharbeitsfirma beschäftigt. Das Leiharbeitsverhältnis war zunächst bis November 2012 befristet und mehrfach bis Mai 2015 verlängert worden. Nach dem Arbeitsvertrag musste der Steuerpflichtige mit einer jederzeitigen Umsetzung bzw. Versetzung (bundesweit) einverstanden sein.

Im Streitjahr 2014 war der Steuerpflichtige ganzjährig für einen Entleihbetrieb tätig. Den mit der Steuererklärung beantragten Werbungskostenabzug für Fahrten zwischen der Wohnung und dem Entleihbetrieb (€ 0,30 pro gefahrenen Kilometer) akzeptierte das Finanzamt nicht, sondern gestattete nur die Entfernungspauschale. Dabei ging es von einer dauerhaften Zuordnung zum Entleihbetrieb aus. Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich.

Entscheidung:

Wird ein Leiharbeiter einer betrieblichen Einrichtung des Entleihers „bis auf Weiteres“ zugewiesen, heißt das nicht, dass die Zuordnung unbefristet ist. Die Einrichtung des Entleihers wird somit – entgegen der derzeit gültigen Verwaltungsauffassung – nicht zur ersten Tätigkeitsstätte des Leiharbeiters.

Das Finanzgericht Niedersachsen geht ferner davon aus, dass wegen der gesetzlichen Beschränkung der Arbeitnehmerüberlassung bereits aus Rechtsgründen keine dauerhafte Zuordnung zu einem Entleihbetrieb denkbar ist. Denn nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ist nur eine vorübergehende Überlassung zulässig.

Tipp: Diese Entscheidung will die Finanzverwaltung jedoch nicht akzeptieren und hat beim Bundesfinanzhof Revision eingelegt. Die weitere Entwicklung bleibt somit vorerst abzuwarten.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie im Mandantenbrief März 2017.

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