Erlaubte Täuschung?! – Nach Markenrecht möglich

BGH, Urteil vom 15.10.2020, Az.: I ZR 210/18

Nach einer Entscheidung des BGH ist es nicht im Sinne des Markenrechts verboten, dass der Amazon-Marktplatz Verbrauchern vortäuscht, dass ein Unternehmen seine Produkte über diese Plattform anbietet, obwohl dies tatsächlich nicht der Fall ist. 

 
Geklagt hatte das Unternehmen „Vorwerk“ gegen den Internetriesen. Hintergrund war, dass „Vorwerk“ nicht als Händler auf dem Amazon-Marktplatz tätig ist, sondern seine Produkte – vor allem Staubsauger und Zubehör – über seinen eigenen Onlineshop vertreibt. Zudem ist das Kennzeichen „Vorwerk“ markenrechtlich geschützt. Auf dem Amazon-Marktplatz können Drittunternehmen ihre Produkte anbieten. Der Betreiber der Amazon-Handelsplattform buchte nun bei Suchmaschinenbetreibern unter anderem Schlüsselwörter wie „Vorwerk" als Suchbegriffe, so dass potentielle Kunden bei entsprechender Sucheingabe in der Suchmaschine auf die Handelsplattform von Amazon geleitet wurden. Dies obwohl „Vorwerk“ gar nicht seine Produkte dort anbietet. Gegen diese Machenschaft wehrte sich „Vorwerk“ und erhob eine Unterlassungsklage gegen die Betreiber der Handelsplattform. Vor dem Landgericht Köln hatte die Klage vollständig Erfolg. Auch die von Amazon hiergegen eingelegte Berufung hatte nur ganz geringfügigen Erfolg. Das OLG änderte das erstinstanzliche Urteil nur geringfügig ab. Beide Parteien legten gegen das Urteil des OLG Revision zum BGH ein, der nun letztinstanzlich entschieden hat.

Zwar hat nach Ansicht des Bundesgerichtshofs Amazon die Klagemarke im geschäftlichen Verkehr und ohne Zustimmung der Markeninhaberin benutzt, indem es „Vorwerk" als Schlüsselwort in Suchmaschinen buchte, um den Verbraucher anschließend auf seine Seite zu lotsen. Auch sei dem Internetnutzer dadurch suggeriert worden, dass das Unternehmen „Vorwerk“ seine Produkte auf dem Marktplatz anbiete. Diese Täuschung sei nach dem Urteil des BGH jedoch keine Täuschung über das Produkt, sondern nur über den Anbieter. Es bestehe demnach keine Herkunftstäuschung da die angebotenen Waren von „Vorwerk“ hergestellt worden seien und es sich damit um „Vorwerk-Produkte“ handele. Für die unzulässige markenmäßige Benutzung sei dieses Verhalten jedoch unerheblich.

Auch verneinten die Richter ein unlauteres Verhalten nach § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG. Dem Markeninhaber dürfe über das Lauterkeitsrecht keine Schutzposition eingeräumt werden, die ihm nach dem Markenschutzrecht nicht zukomme, so die Richter. Möglicherweise liege eine irreführende geschäftliche Handlung vor, es fehle allerdings an Feststellungen des Berufungsgerichts, die darauf hindeuten, dass der Verbraucher wegen der Täuschung bei Amazon kaufe und dass er ohne das beanstandete Verhalten auf einer anderen Internetseite einkaufen würde. In der Konsequenz hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Klage im Übrigen – soweit sie sich nicht auf Markenschutzregeln stützte – an das OLG zurück. Dieses wird nun weitere Feststellungen wegen eines möglichen lauterkeitsrechtlichen Verstoßes prüfen müssen.


Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie in dem Mandantenbrief Dezember 2020.

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