Werbungskostenabzug trotz Abgeltungsteuer

Seit 2009 unterliegen Kapitaleinkünfte grundsätzlich der Abgeltungsteuer von 25 %. Steuerpflichtige können aber eine sog. Günstigerprüfung beantragen: In diesem Fall nimmt das Finanzamt eine Prüfung des individuellen Steuersatzes vor. Kommt heraus, dass der persönliche Steuersatz unter 25 % liegt, werden die Kapitaleinkünfte mit dem persönlichen Steuersatz versteuert. Ist dieser höher, gilt der Antrag als nicht gestellt – es greift der pauschale Abgeltungsteuersatz.

Ein Abzug der tatsächlichen Werbungskosten ist in beiden Fällen per Gesetz nicht mehr möglich. Berücksichtigt wird lediglich der Sparer-Pauschbetrag von € 801,00 (bzw. € 1.602,00 bei Zusammenveranlagung).

Gegen die Streichung des Werbungskostenabzugs klagte eine Rentnerin, die in 2009 Zinsen in Höhe von ca. € 30.000,00 erzielte. Ihre Werbungskosten betrugen aufgrund eines Vermögensverwaltungsvertrags ca. € 7.000,00. Ihr Durchschnittssteuersatz belief sich auf ca. 14 %. Sie beantragte für ihre Kapitaleinkünfte die Günstigerprüfung. Das Finanzamt zog von den Einnahmen nur den Sparer-Pauschbetrag von € 801,00 ab, sodass rund € 6.200,00 Werbungskosten unberücksichtigt blieben. Die Rentnerin klagte auf Anerkennung des Restbetrags.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg gab der Rentnerin mit seinem Urteil vom 17. Dezember 2012 Recht und ließ die gesamten Werbungskosten im Wege einer sog. verfassungskonformen Auslegung zum Abzug zu. 

Zwar ist dem Gesetz zufolge der Werbungskostenabzug ausgeschlossen. Dies gilt auch im Rahmen der Günstigerprüfung. Der Ausschluss des Werbungskostenabzugs ist jedoch dann verfassungswidrig, wenn der individuelle Steuersatz bereits unter Berücksichtigung des Sparer-Pauschbetrags unter 25 % liegt.

Nach dem sog. Netto-Prinzip müssen grundsätzlich alle Aufwendungen steuerlich berücksichtigt werden. Die Abgeltungsteuer stellt hiervon eine Ausnahme dar, weil Werbungskosten gerade nicht mehr berücksichtigt werden. Für diese Ausnahme besteht jedoch kein sachlicher Grund. Insbesondere kann nicht angenommen werden, dass der Sparer-Pauschbetrag von € 801,00 bzw. € 1.602,00 (bei Ehegatten) bei den meisten Steuerpflichtigen höher ist als die tatsächlich entstandenen Werbungskosten - schließlich gibt es auch in den unteren Einkommensgruppen Fälle, in denen höhere Werbungskosten als der Sparer-Pauschbetrag anfallen.

Da nach der Gesetzesbegründung der Werbungskostenabzug nur „grundsätzlich“ ausgeschlossen ist, kann die Vorschrift auch so ausgelegt werden, dass sie in Fällen der Günstigerprüfung einen Werbungskostenabzug zulässt.

Tipp: Ob das Urteil Bestand haben wird, bleibt abzuwarten - die Finanzverwaltung hat Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt. In vergleichbaren Fällen sollten Sie Einspruch gegen Ihren Steuerbescheid einlegen.

Unternehmerisch beteiligte Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft mit einer Beteiligung von mindestens 25 % oder mit einer Beteiligung von mindestens 1 % bei gleichzeitiger beruflicher Tätigkeit für die Kapitalgesellschaft können beantragen, dass die Abgeltungsteuer für ihre Kapitaleinkünfte aus der Kapitalgesellschaft nicht gilt. Es gilt dann das sog. Teileinkünfteverfahren, bei dem die Einnahmen und Werbungskosten zu 60 % berücksichtigt werden.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie im Mandantenbrief Mai 2013.

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