Steuervereinfachungsgesetz 2011

Nachdem die im ursprünglichen Gesetzesentwurf vorgesehene zusammengefasste Einkommen-steuererklärung für einen Zweijahreszeitraum gestrichen wurde, haben am 23. September 2011 Bundestag und Bundesrat dem geänderten Gesetzentwurf zugestimmt. Nachfolgend erhalten Sie einen Überblick der wesentlichen Gesetzesänderungen:

- Arbeitnehmer-Pauschbetrag . Geringfügige Erhöhung

Rückwirkend für das Jahr 2011 wird der Arbeitnehmer-Pauschbetrag von € 920,00 auf € 1.000,00 angehoben. Der Erhöhungsbetrag wirkt sich aber vorerst beim monatlichen Lohnsteuerabzug noch nicht aus, sondern wird erst in der Gehaltsabrechnung Dezember berücksichtigt.

- Entfernungspauschale . Wegfall der tageweise Vergleichsrechnung

Werden für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte öffentliche Verkehrsmittel genutzt, kann die Entfernungspauschale als Werbungskosten angesetzt werden. Sind die tatsächlichen Kosten für Bus oder Bahn höher, muss das Finanzamt diese anerkennen. Nutzt der Arbeitnehmer abwechselnd öffentliche Verkehrsmittel und eigenen Pkw, muss das Finanzamt zurzeit für jeden Tag prüfen, ob sich der Ansatz der Entfernungspauschale oder der Ansatz der tatsächlichen Kosten günstiger auswirkt. Diese tageweise Vergleichsrechnung wird ab dem 01. Januar 2012 auf eine jährliche Vergleichs-rechnung umgestellt.

- Kinderbetreuungskosten . vereinfachter Abzug

Kinderbetreuungskosten sind künftig als Sonderausgaben und nicht mehr wie Werbungskosten abziehbar. Die Unterscheidung nach erwerbsbedingtem und nicht erwerbsbedingtem Aufwand wird aufgegeben. Auch kommt es für die Anerkennung künftig nicht mehr auf persönliche Anspruchs-voraussetzungen bei den Eltern, wie Erwerbstätigkeit, Ausbildung, Krankheit oder Behinderung, an. Grundsätzlich können damit ab dem Jahr 2012 alle Eltern zwei Drittel der Betreuungskosten pro Kind und höchstens € 4.000,00 als Sonderausgaben steuerlich geltend machen. Dies gilt für alle Kinder bis zum 14. Lebensjahr und bei behinderten Kindern zeitlich unbegrenzt, sofern die Behinderung vor dem 25. Lebensjahr eingetreten ist.

- Kinder in Berufsausbildung . Wegfall der Einkommensprüfung

Für volljährige Kinder in Berufsausbildung, in der Wartezeit auf einen Ausbildungsplatz oder im Freiwilligendienst, erhalten die Eltern das Kindergeld oder die steuerlichen Freibeträge nur dann, wenn die Einkünfte und Bezüge des Kindes nicht höher sind als € 8.004,00 im Jahr.

Ab dem kommenden Jahr wird auf die Einkommensprüfung bei volljährigen Kindern bis zum Abschluss der ersten Berufsausbildung, max. bis zum 25. Lebensjahr, verzichtet.

Nach Abschluss der ersten Berufsausbildung besteht die widerlegbare Vermutung, dass das Kind in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten, und damit nicht mehr zu berücksichtigen ist. Wenn es aber in einer weiteren Berufsausbildung steht, kann diese Vermutung bis zum 25. Lebensjahr durch den Nachweis, dass das Kind keiner schädlichen Erwerbstätigkeit nachgeht, widerlegt werden. Unschädlich ist eine Erwerbstätigkeit von höchstens 20 Wochenstunden, eine geringfügige Beschäftigung mit einem Monatsverdienst von € 400,00 sowie ein Ausbildungsdienstverhältnis, in dem die zweite Berufsausbildung stattfindet.

Auch für die Berücksichtigung des Ausbildungsvertrags entfällt künftig die Einkommensermittlung. Vielmehr wird dieser ab dem 01. Januar 2012 nicht mehr um Einkünfte und Bezüge des Kindes gekürzt.

- Krankheitskosten . Amtsärztliches Attest doch weiterhin erforderlich

Der BFH hat mit div. Urteilen vom 11. November 2010 entschieden, dass es für die steuerliche Anerkennung von Krankheitskosten nicht auf die Vorlage eines amtsärztlichen Attestes ankommt. Mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 werden diese BFH-Urteile jedoch ausgehebelt und die bisherige Verwaltungsregelung gesetzlich festgezurrt. Als Nachweis der medizinischen Notwendigkeit dient für den Erwerb von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln die Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers.

In folgenden Fällen ist die Vorlage eines amtsärztlichen Gutachtens oder einer Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung erforderlich:

a) Bade- oder Heilkur; bei einer Vorsorgekur ist auch die Gefahr einer durch die Kur abzuwendenden Krankheit, bei einer Klimakur der medizinisch angezeigte Kurort und die voraussichtliche Kurdauer zu bescheinigen;
b) psychotherapeutische Behandlung;
c) medizinisch erforderliche auswärtige Unterbringung eines an Legasthenie oder einer anderen Behinderung leidenden Kindes des Steuerpflichtigen;
d) Notwendigkeit der Betreuung des Steuerpflichtigen durch eine Begleitperson, sofern sich diese nicht bereits aus dem Nachweis der Behinderung ergibt;
e) medizinische Hilfsmittel, die als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind;
f) wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden, wie z. B. Frisch- und Trockenzellenbehandlungen, Sauerstoff-, Chelat- und Eigenbluttherapie.

Der Nachweis muss vor Beginn der Heilmaßnahme oder dem Erwerb des medizinischen Hilfsmittels ausgestellt worden sein. 

- Verbilligte Vermietung . Vereinfachung für vollen Werbungskostenabzug

Der Vorteil einer verbilligten Vermietung liegt darin, dass die Aufwendungen in voller Höhe als Werbungskosten abgesetzt werden können, während nur die geringeren Mieteinnahmen zu versteuern sind. Damit der Werbungskostenabzug aber in voller Höhe gewährt wird, sind derzeit folgende Regeln zu beachten:

- Beträgt die vereinbarte Miete mind. 75 % der ortsüblichen Marktmiete, sind die Aufwendungen in voller Höhe als Werbungskosten absetzbar.

- Liegt die vereinbarte Miete zwischen 56 % und 75 % der ortsüblichen Marktmiete, ist die Einkünfteerzielungsabsicht anhand einer Ertragsprognose erforderlich. Fällt die Ertragsprognose positiv aus, sind die Werbungskosten in voller Höhe absetzbar. Ist die Ertragsprognose negativ, können die Werbungskosten nur anteilig geltend gemacht werden.

- Beträgt die vereinbarte Miete weniger als 56 % der ortsüblichen Marktmiete, ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Die Aufwendungen sind nur entsprechend dem entgeltlichen Teil als Werbungskosten absetzbar.

Ab dem 01. Januar 2012 gelten folgende Regelungen:

- Beträgt die vereinbarte Miete mind. 66 % der ortsüblichen Miete, gilt die Vermietung als voll entgeltlich und ermöglicht den vollen Werbungskostenabzug. Eine Ertragsprognose ist nicht zu erstellen.

- Beträgt die vereinbarte Miete weniger als 66 % der ortsüblichen Miete, ist eine Aufteilung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil vorzunehmen. Die Werbungskosten können damit nur anteilig als Werbungskosten geltend gemacht werden.

Aufgrund dieser Gesetzesänderung ist in Fällen der verbilligten Nutzungsüberlassung zu prüfen, ob die vereinbarte Miete mind. 66 % der ortsüblichen Miete beträgt. Wird diese Grenze nicht überschritten, ist noch in diesem Jahr die Miete zu erhöhen, damit die Werbungskosten in voller Höhe geltend gemacht werden können. Beachten Sie bei dieser Überprüfung, dass nicht nur die Kaltmiete überprüft wird, sondern die ortsübliche Marktmiete auch sämtliche zulässige Umlagen beinhaltet.

- Umsatzsteuer . Vereinfachung bei der elektronischen Rechnung

Bereits rückwirkend zum 01. Juli 2011 wurden die Anforderungen an eine elektronische Rechnung für die Belange der Umsatzsteuer deutlich reduziert.

Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird. Hierunter fallen Rechnungen, die per E-Mail, im EDI-Verfahren, als PDF- oder Textdatei, per Computer-Telefax oder Fax-Server (nicht aber Standard-Telefax) oder im Wege des Datenträgeraustauschs übermittelt werden.

Bislang mussten diese elektronischen Rechnungen eine qualifizierte elektronische Rechnung enthalten. Künftig sind keine technischen Verfahren mehr vorgegeben, die die Unternehmen verwenden müssen.

Der Empfänger einer elektronischen Rechnung hat sich in der gleichen Weise wie bei einer Papierrechnung von der Echtheit der Herkunft und der Unversehrtheit des Inhalts der Rechnung zu überzeugen. Er hat die in der Rechnung enthaltenen Angaben auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen. Für die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für den Vorsteuerabzug (z. B. ordnungsgemäße Rechnung, Leistungsbezug für sein Unternehmen, Höhe der gesetzlich geschuldeten Steuer) trägt wie bisher der Rechnungsempfänger die Feststellungslast.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie im Mandantenbrief Oktober 2011.

<link file:159 download herunterladen der datei>Als PDF ansehen.

Mandant werden
Mandanten-Fernbetreuung
Karriere starten
1