Mindestlohn und Arbeitszeitkonten – Der richtige Umgang mit Überstunden nach dem neuen Mindestlohngesetz

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MiLoG ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer den Mindestlohn für sämtliche tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden zum vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt zu zahlen. Der Mindestlohn ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MiLoG spätestens am letzten Bankarbeitstag des Monats fällig, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Die Zahlung des Mindestlohns zu einem späteren als dem in § 2 Abs. 1 Nr. 2 MiLoG genannten Zeitpunkt stellt eine bußgeldbewährte Ordnungswidrigkeit dar (§§ 20, 21 Abs. 1 Nr. 9 MiLoG). Es drohen Bußgelder bis zu € 500.000,00 und – für viele Unternehmen noch wesentlich schlimmer – der Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge (§ 19 MiLoG). Flexibilität hinsichtlich der Fälligkeit der Lohnzahlung ermöglichen lediglich Arbeitszeitkonten.

Für die Praxis bedeutet dies, dass jeweils zu ermitteln ist, ob das tatsächlich gezahlte und nach dem MiLoG anrechenbare Bruttomonatseinkommen im Hinblick auf die vom Arbeitnehmer tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden mindestens den gesetzlichen Mindestlohnanspruch erfüllt. 

Die Formel lautet: Anrechenbares monatliches Bruttomonatseinkommen ./. tatsächlich geleistete Arbeitsstunden = ≥ € 8,50.

Werden in dem konkreten Monat mehr als die arbeitsvertraglich vereinbarten Stunden geleistet und ergibt sich nach der obigen Formel dadurch eine Mindestlohnunterschreitung, müssen die Überstunden entweder im Monat selbst ausbezahlt werden oder auf ein mindestlohnwirksames Arbeitszeitkonto verschoben werden.

Beispiel:

Der Mitarbeiter hat ein monatliches Bruttoeinkommen von € 1.600,00 und eine vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit von 40 Stunden bei einer 5-Tage-Woche. Im Monat Juli 2015 ergibt sich somit folgende Rechnung: 23 Arbeitstage x 8 Stunden = 184 Arbeitsstunden / Monat. € 1.600,00 ./. 184 = € 8,70. Der Mindestlohn ist in diesem Monat bei Einhaltung der vertraglichen Arbeitszeit eingehalten.

Macht der Mitarbeiter in diesem Monat jedoch 20 Überstunden, wird der Mindestlohn bei Zahlung des vertraglich vereinbarten Entgelts nicht eingehalten. Denn € 1.600,00 ./. 204 Arbeitsstunden (184 + 20) ergibt ein Stundenlohn von € 7,84.

Im Gesetz ist der Grundsatz geregelt, dass die „erbrachte Arbeitsleistung“ zu entlohnen ist – dies gilt für jede Arbeitsstunde, unabhängig davon, ob sie innerhalb der vereinbarten Arbeitszeit oder über diese hinaus geleistet wurde. Um eine Mindestlohnunterschreitung zu vermeiden, muss der Arbeitgeber daher entweder die geleisteten Arbeitsstunden komplett in dem Monat Juli 2015 abrechnen und auszahlen oder auf ein mindestlohnwirksames Arbeitszeitkonto verschieben. 

Das Gesetz gibt Rahmenbedingungen zur Führung mindestlohnrelevanter Arbeitszeitkonten vor. Folgende Voraussetzungen müssen für die Einstellung von Überstunden auf einem Arbeitszeitkonto erfüllt sein:

  • Das Gesetz sieht vor, dass eine schriftliche Vereinbarung für das Zeitkonto erforderlich ist.
  • Monatlich dürfen jeweils nicht mehr als 50 % der vereinbarten Arbeitszeit auf das Konto gehen.
  • Die auf dem Arbeitszeitkonto eingestellten Arbeitsstunden (Plusstunden) sind spätestens innerhalb von zwölf Kalendermonaten nach ihrer monatlichen Erfassung durch bezahlte Freizeitgewährung oder Auszahlung auszugleichen.
  • Das Arbeitszeitkonto muss insolvenzgesichert sein.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie im Mandantenbrief Februar 2015.

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