Mindestlohn – Keine persönliche Haftung des GmbH-Geschäftsführers

BAG, Urteil vom 30.03.2023, Az. 8 AZR 120/22

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass Geschäftsführer einer GmbH nicht dafür haften, wenn die GmbH ihren Arbeitnehmern nicht den Mindestlohn zahlt.

Geklagt hatte ein technischer Zeichner. Dieser nahm die Geschäftsführer einer zahlungsunfähigen GmbH persönlich auf Schadenersatz in Anspruch. Es ging um die Vergütung des gesetzlichen Mindestlohns in Höhe von ca. € 1.600,00.

Der Kläger hatte als ehemaliger Angestellter der GmbH im Juni 2017 an 22 Arbeitstagen keinen Lohn erhalten. Im November 2017 wurde über das Vermögen der Gesellschaft, also der Arbeitgeberin, ein Insolvenzverfahren eröffnet.

Der Kläger sah eine Verpflichtung der Geschäftsführer der Gesellschaft für die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns durch diese an die Arbeitnehmer und nahm die Geschäftsführer der GmbH auf dem Gerichtswege in die persönliche Haftung.

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht wiesen die Schadenersatzklage des Mannes mit der Begründung ab, dass es sich bei dem Mindestlohngesetz nicht um ein Schutzgesetz handele und somit keine persönliche Schadenersatzpflicht greifen würde.

Diese Auffassung wurde nun vom obersten deutschen Arbeitsgericht bestätigt.

Das BAG führte aus, dass die Pflichten von Gesellschaftern grundsätzlich auf ihr Verhältnis zur Gesellschaft begrenzt seien. Auch die Pflicht, dass die Gesellschaft sich rechtmäßig verhalte, solle nicht die Gläubiger der Gesellschaft schützen. Eine Haftung gegenüber außenstehenden Dritten gebe es grundsätzlich nicht. Nach § 43 Abs. 2 GmbHG sei die Haftung des Geschäftsführers nur gegenüber der Gesellschaft beschränkt, so dass Schadensersatzansprüche wegen nicht ordnungsgemäßer Geschäftsführung der Gesellschaft zustünden und nicht außenstehenden Dritten. Die Richter nahmen damit Bezug auf die ständige Rechtsprechung des BAG. 

Anders könnte es nur dann sein, wenn ein besonderer Haftungsgrund bestünde.

Den aber gebe es bei der Nichtzahlung des Mindestlohns nicht, so das Gericht. Der Bußgeldtatbestand des Mindestlohngesetzes sei kein Schutzgesetz zugunsten der Arbeitnehmer im Verhältnis zu den Geschäftsführern.

Die Annahme eines Schutzgesetzes würde nämlich dazu führen, dass Geschäftsführer von Arbeitnehmern selbst bei nur (leicht) fahrlässiger Verwirklichung des Bußgeldtatbestands nach § 823 Abs. 2 BGB auf Schadensersatz in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns in Anspruch genommen werden könnten. Dann hätten die Arbeitnehmer über die GmbH als ihren Vertragsarbeitgeber hinaus mit den Geschäftsführern de facto weitere Schuldner, das Haftungssystem des GmbH-Gesetzes, in dem es eine allgemeine Durchgriffshaftung auf die Geschäftsführer der Gesellschaft gerade nicht gibt, würde für den Bereich der Vergütungspflicht des Arbeitgebers vielfach durchkreuzt, so das BAG in der Begründung.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie in dem Mandantenbrief September 2023.

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