Im bestehenden Arbeitsverhältnis ist die Frage nach einer Schwerbehinderung zulässig

In der Vergangenheit wurden Arbeitgeber von schwerbehinderten Arbeitnehmern oft nicht oder erst nach Ausspruch einer Kündigung über das Vorliegen der Schwerbehinderteneigenschaft informiert, um so einen „Gewinn“ im Hinblick zumindest auf die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses wegen zuvor erforderlicher Einholung der Zustimmung des Integrationsamtes und Ausspruch einer nochmaligen Kündigung zu erzielen. Aufgrund dieses Taktierens des Arbeitnehmers verliert der Arbeitgeber regelmäßig Zeit und Geld.

Die frühere Rechtsprechung ging überwiegend davon aus, dass – sowohl im Vorfeld der Einstellung als auch im laufenden Arbeitsverhältnis – die Frage nach einer bestehenden Schwerbehinderung gegenüber dem Bewerber oder dem Arbeitnehmer zulässig sei. Begründet wurde diese Ansicht z. B. damit, dass der Arbeitgeber seiner Beschäftigungspflicht gegenüber Schwerbehinderten nach § 71 SGB IX nachkommen müsse.

Mit Inkrafttreten des AGG (Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes) war die bis dahin zulässige Frage nach einer Schwerbehinderung im Rahmen des Einstellungsgesprächs nicht mehr möglich. Mit seiner aktuellen Rechtsprechung billigt das Bundesarbeitsgericht nun Arbeitgebern zu, nach mindestens sechsmonatigem Bestand des Arbeitsverhältnisses den Arbeitnehmer nach dem Vorliegen einer Schwerbehinderteneigenschaft zu fragen. Der Arbeitnehmer muss diese Frage wahrheitsgemäß beantworten. Tut er dies nicht, kann er sich später, insbesondere in einem Kündigungsschutzprozess nicht mehr auf die Schwerbehinderung berufen, so das Bundesarbeitsgericht. Im seit sechs Monaten bestehenden Arbeitsverhältnis überwiege das Interesse des Arbeitgebers an einer wahrheitsgemäßen Beantwortung der Frage, um sich anschließend gesetzeskonform verhalten zu können (z. B. behindertengerechte Beschäftigung, Gewährung Zusatzurlaub, Berücksichtigung bei der Sozialauswahl bei einer betriebsbedingten Kündigung). Durch die Frage werde der Arbeitnehmer u. a. nicht diskriminiert oder in seinen datenschutzrechtlichen Belangen beeinträchtigt.

Tipp: Arbeitgeber sollten nach dieser Entscheidung nach Ablauf der üblicherweise mit sechs Monaten vereinbarten Probezeit, zumindest aber vor dem beabsichtigten Ausspruch einer Kündigung, alle Arbeitnehmer in einem Fragebogen zu ihren Sozialdaten einschließlich der Angabe einer möglichen Schwerbehinderung befragen und den ausgefüllten Fragebogen in der Personalakte aus Beweisgründen archivieren.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie im Mandantenbrief November 2012.

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