Erbfallkostenpauschale auch für Nacherben

Der Anfall der Nacherbschaft gilt grundsätzlich als Erwerb vom Vorerben. Während zivilrechtlich der Vorerbe und der Nacherbe zwar nacheinander, aber beide vom ursprünglichen Erblasser erben, gilt erbschaftsteuerrechtlich der Vorerbe als Erbe (§ 6 Abs. 1 ErbStG). Sein Erwerb unterliegt in vollem Umfang der Erbschaftsteuer. Bei Eintritt der Nacherbfolge haben diejenigen, auf die das Vermögen übergeht, den Erwerb als vom Vorerben stammend zu versteuern.

Der Bundesfinanzhof hat am 01. Februar 2023 entschieden, dass neben dem Vorerben auch der Nacherbe den Pauschbetrag für Erbfallkosten (z. B. Bestattungskosten und Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal) in Höhe von € 10.300,00 nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 2 ErbStG in Anspruch nehmen kann. 

Im Streitfall war die Steuerpflichtige Nacherbin ihrer verstorbenen Tante. Deren Ehemann, der kurze Zeit danach verstarb, war Vorerbe. Die Nacherbin machte mit ihrer Erbschaftsteuererklärung die Berücksichtigung des Pauschbetrags in Höhe von € 10.300,00 geltend. Das Finanzamt berücksichtigte aber nur die tatsächlich angefallenen geringen Abwicklungskosten – jedoch zu Unrecht, wie nun der Bundesfinanzhof entschieden hat.

Der Betrag in Höhe von € 10.300,00 ist für jeden Erbfall nur einmal zu gewähren, namentlich für mehrere Miterben nur einmal. Die Abfolge von Vor- und Nacherbfall stellt jedoch erbschaftsteuerrechtlich nicht einen Erbfall mit mehreren Erben dar. Vielmehr sind die beiden Vorgänge als zwei getrennte Erbfälle zu behandeln. Es entspricht dieser Systematik, den Pauschbetrag zweimal anzusetzen.

Der Bundesfinanzhof weist in seiner Urteilsbegründung darauf hin, dass es richtig ist, dass bei zweimaliger Gewährung der Pauschale auch die Beerdigungskosten zweimal typisierend berücksichtigt werden, obwohl sie nicht zweimal anfallen. Der Pauschbetrag umfasst aber nicht nur Beerdigungs-kosten, sondern dient außerdem dazu, Nachlassregelungskosten im weiteren Sinne abzugelten – und diese Kosten können ohne Weiteres zweimal in jeweils unbegrenzter Höhe anfallen.

Tipp: Der Abzug des Pauschbetrags setzt nicht den Nachweis voraus, dass zumindest dem Grunde nach tatsächlich Kosten angefallen sind, die der Pauschbetrag erfasst. Der Abzug der Pauschale ist nach dem Gesetzeswortlaut ausdrücklich ohne Nachweis möglich. Soweit der Bundesfinanzhof in früheren Entscheidungen eine andere Auffassung vertreten hat, hält er daran nicht mehr fest.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie in dem Mandantenbrief Juli 2023.

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