Differenzierung notwendig – Rückzahlung von Fortbildungskosten

BAG, Urteil vom 25.04.2023, Az. 9 AZR 187/22

Das BAG hat entschieden, dass die Vereinbarung einer Rückzahlungspflicht eines Arbeitnehmers von Fortbildungskosten bei Abbruch der Fortbildung grundsätzlich in AGB geregelt werden kann, es müsse jedoch eine Differenzierung der Abbruchgründe erfolgen.

Die Klägerin ist eine Steuerberatungskanzlei. Die Beklagte war in der Kanzlei zuvor mehrere Jahre beschäftigt. Die Beklagte war etwa drei Jahre als Buchhalterin tätig und paukte nebenbei für das Examen zur Steuerberaterin. Sie nahm an einem mehrmonatigen Vorbereitungslehrgang auf die Steuerberaterprüfung teil, die 2018 / 2019 stattfinden sollte. Die Klägerin hatte ein Interesse daran, die Arbeitnehmerin zur Steuerberaterin zu qualifizieren und übernahm die Kosten des Vorbereitungskurses in Höhe von ca. € 8.000,00. Zuvor schlossen die Parteien jedoch eine Vereinbarung, in der per „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ (AGB) geregelt war, dass der Betrag unter anderem zurückzuzahlen sei, falls die Mitarbeiterin das Steuerberaterexamen wiederholt nicht antreten (Härtefälle wie z. B. eine dauerhafte Erkrankung wurden ausgenommen) oder binnen zwei Jahren nach dem Examen kündigen sollte.

Die Beklagte trat in der Folge nicht zur Prüfung an. Stattdessen kündige sie im Mai 2020 ihr Anstellungsverhältnis. Die Steuerberatungskanzlei sah einen Verstoß gegen die Vereinbarung und forderte einen Betrag von knapp € 4.000,00 von der nun ehemaligen Mitarbeiterin zurück.

Da diese nicht freiwillig zahlen wollte, mussten die Gerichte tätig werden. In den ersten beiden Instanzen bekam der Arbeitgeber Recht und die Beklagte wurde zur Rückzahlung verurteilt.

In der Revision wurde jedoch die Klage abgewiesen.

Die Bundesrichter betonten, dass sie einzelvertragliche Vereinbarungen, wonach ein Arbeitnehmer sich an vom Arbeitgeber finanzierten Ausbildungen beteiligen muss, wenn er die Fortbildung nicht beendet, grundsätzlich für zulässig erachteten.

In dem konkreten Fall liege jedoch eine unangemessene Benachteiligung und somit ein Verstoß gegen einschlägige Normen der AGB-Kontrolle vor. Denn die gegenständliche Rückzahlungsklausel differenziere nicht danach, warum die Prüfung nicht abgelegt worden sei. So gebe es Fallkonstellationen, in denen die Gründe für die Nichtablegung der Prüfung nicht in der Verantwortungssphäre des Arbeitnehmers lägen und dennoch die Rückzahlungspflicht auslösten.

So trat das BAG der Ansicht der Vorinstanz, man könne alle Gründe, die eine Rückzahlungspflicht unbillig erscheinen ließen, unter die Härteklausel subsumieren, entgegen. Denn, so die Richter, die Härtefallklausel erfasse beispielsweise nicht den Fall, in dem eine Kündigung durch den Arbeitgeber zumindest mitveranlasst werde. Dieses Phänomen kommt der Erfahrung der Bundesrichter nach häufiger vor und ist daher durchaus zu berücksichtigen. Außerdem sei der Härtefall nur für das Ablegen des Examens vorgesehen, aber nicht für die vorzeitige Kündigung.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie in dem Mandantenbrief September 2023.

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