Darlehensbeziehung zwischen nahestehenden Personen

Seit dem Jahr 2009 unterliegen Einkünfte aus Kapitalvermögen grundsätzlich der Abgeltungssteuer in Höhe von 25 %. Eine Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen zum persönlichen Steuersatz kommt hingegen lediglich noch in Ausnahmefällen zum Tragen.

Ein solcher Ausnahmefall ist z. B. gegeben, wenn Darlehensnehmer und Darlehensgeber einander nahestehende Personen sind und der Darlehnsnehmer die zu zahlenden Zinsen steuermindernd als Betriebsausgaben oder Werbungskosten berücksichtigen kann. Sind beide Voraussetzungen gegeben, werden die Zinseinnahmen beim Darlehensgeber nicht mehr mit 25 % Abgeltungssteuer zuzüglich der Nebenabgaben der Steuer unterworfen, sondern mit dem persönlichen Steuersatz zur Besteuerung herangezogen.

Der Grund für diese gesetzliche Ausnahme wird am einfachsten anhand eines Beispiels deutlich: Der Ehemann gibt seiner mit ihm zusammenveranlagten Ehefrau ein Darlehen in Höhe von € 1 Million zwecks Anschaffung eines Vermietungsobjektes. Das Darlehen wird mit einem (hier aus Vereinfachungsgründen als fremdüblich geltenden) Zinssatz von 5 % verzinst. Der Steuersatz der Eheleute beträgt 30 %.

Da die Ehefrau das Darlehen zur Anschaffung eines Vermietungs- und Verpachtungsobjektes benutzt, sind die an ihren Ehemann zu zahlenden Schuldzinsen in Höhe von € 50.000,00 p. a. als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzugsfähig. Beim Ehemann sind die erhaltenen Zinseinnahmen Einkünfte aus Kapitalvermögen. Sofern diese Zinseinnahmen im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen nur mit der Abgeltungsteuer besteuert würden, hätten die Eheleute im Rahmen ihrer Einkommensteuerveranlagung einen Steuervorteil in Höhe von 5 % von € 50.000,00, da die Einkommensteuerminderung aufgrund des Werbungskostenabzugs bei Anwendung des persönlichen Steuersatzes iHv. 30 % über der Abgeltungsteuerbelastung liegt.

In der Rechtsprechung sind mittlerweile vor dem Bundesfinanzhof mehrere Verfahren anhängig, die die gesetzliche Regelung beanstanden. Konkret wird die Besteuerung zum persönlichen Steuersatz kritisiert und auch in Fällen wie dem zuvor geschilderten eine Besteuerung zu 25 % (zuzüglich Nebenabgaben) gefordert.

Zum einen wird kritisiert, dass die Ausnahme vom Abgeltungssteuersatz gegen das Grundgesetz verstößt.

Darüber hinaus geht es in einigen Verfahren um die Frage, was einander nahestehende Personen überhaupt sind. Tatsächlich handelt es sich dabei nämlich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Eine konkrete Definition ist nicht gegeben, weshalb die obersten Richter auch klären müssen, wer überhaupt betroffen ist.

So wird den Richtern des Bundesfinanzhofs unter dem Aktenzeichen VIII R 35/13 auch die Frage vorgelegt, ob einander nahestehende Personen immer Angehörige im Sinne des § 15 der Abgabenordnung sind. Danach sind Angehörige: 1. der Verlobte, 2. der Ehegatte, 3. Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, 4. Geschwister, 5. Kinder der Geschwister, 6. Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten, 7. Geschwister der Eltern, 8. Personen, die durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind (Pflegeeltern und Pflegekinder).

In dem vorgenannten Streitfall ging es um eine Darlehensbeziehung zwischen Geschwistern. Dabei mag der erste Reflex in die Richtung gehen, dass man Geschwister grundsätzlich als nahestehende Person ansehen sollte, jedoch muss die Frage aufgeworfen werden, ob dies auch steuerlich gelten kann. Immerhin sind Geschwister z. B. im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer keine Personen der Steuerklasse I, und ihnen steht auch nur ein Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerfreibetrag von € 20.000,00 zur Verfügung. Begründet wird der geringe Freibetrag damit, dass Geschwister keine Verwandten in gerader Linie sind. Die Frage, ob nachstehende Personen daher immer Angehörige im Sinne des § 15 der Abgabenordnung sind, ist durchaus berechtigt.

Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang eine Entscheidung des Finanzgerichts Münster vom 20. September 2013. Darin entschieden die erstinstanzlichen Richter, dass nicht jedes Näheverhältnis zwischen Darlehensgeber und Darlehensnehmer tatsächlich zur Besteuerung mit dem persönlichen Steuersatz führt. Im Sachverhalt ging es um einen Steuerberater, der einem Berufskollegen ein Darlehen zum Anteilskauf an der eigenen Steuerberatungsgesellschaft gab. Das Finanzamt sah die Steuerberater als einander nahestehende Personen an, weil aufgrund der gemeinsamen Berufsausübung ein gewisses Beherrschungsverhältnis und eine Möglichkeit zur Einflussnahme bestanden.

Die erstinstanzlichen Richter verwarfen jedoch die Meinung des Finanzamtes und entschieden, dass die erzielten Zinsen tatsächlich mit dem Abgeltungssteuersatz von 25 % zu versteuern sind. Das vom Finanzamt erkannte Näheverhältnis sahen die Richter offenbar nicht. Das Finanzgericht Münster war jedoch gezwungen die Revision zuzulassen.


Tipp: Für alle (angeblich) einander nahestehende Personen, zwischen denen eine Darlehensbeziehung besteht, gilt daher: Sofern die Abgeltungssteuer günstiger ist als der persönliche Steuersatz, sollte unter Verweis auf die zahlreichen Musterverfahren Einspruch eingelegt und das Ruhen des eigenen Verfahrens beantragt werden.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie im Mandantenbrief Dezember 2013.

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