Berücksichtigung von Krankheitskosten ab dem ersten Euro?

Außergewöhnliche Belastungen, wie z. B. Krankheitskosten, können als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend gemacht werden, sofern die Aufwendungen eine bestimmte Grenze (sog. "zumutbare Belastung") überschreiten. Mit dieser zumutbaren Belastung will der Gesetzgeber die eigene Leistungsfähigkeit eines jeden Steuerpflichtigen berücksichtigen, im Rahmen derer er seine Krankheitskosten selber tragen kann und soll.

Die Höhe dieser zumutbaren Belastung richtet sich nach den persönlichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen, also seinem Einkommen, seinem Familienstand und die Anzahl seiner Kinder. Während z. B. bei einem verheirateten Steuerpflichtigen mit einem Gesamtbetrag der Einkünfte von € 40.000,00 und drei Kindern die zumutbare Belastung 1 % des Gesamtbetrags der Einkünfte beträgt, ist bei einem ledigen Steuerpflichtigen mit einem Gesamtbetrag der Einkünfte von € 40.000,00 eine zumutbare Belastung von 6 % des Gesamtbetrags der Einkünfte zu berücksichtigen, so dass in diesem Fall außergewöhnliche Belastungen, wie z. B. Arztkosten, nur dann und insoweit steuerlich berücksichtigt werden, soweit sie € 2.400,00 im Jahr übersteigen.

Mittlerweile ist vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz ein Verfahren anhängig, in dem geklärt werden soll, ob die Beschränkung des Abzugs der außergewöhnlichen Belastungen um die zumutbare Belastung im Einklang mit dem Grundgesetz steht.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit seinem Urteil vom 13. Februar 2008 entschieden, dass die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung Teile des steuerlich zu verschonenden Existenzminimums sind und daher voll steuerlich abzugsfähig sein müssen, soweit sie einer Versorgung auf Sozialhilfeniveau dienen (Basisversorgung). Die auf der Grundlage dieses Urteils erforderliche Neuregelung des Einkommensteuergesetzes ist mit Wirkung ab dem 01. Januar 2010 in Kraft getreten.

Der Verstoß gegen das Grundgesetz wird darin gesehen, dass der Gesetzgeber das Existenz-minimum vollständig steuerfrei zu stellen hat. 

Das BVerfG stellt für die nähere Konkretisierung dieses steuerlichen Existenzminimums auf den sozialhilfegleichen Mindestversorgungsstandard ab. Nach den Regelungen der Sozialhilfe und der Grundsicherung für Arbeitssuchende wird die Übernahme von Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversorgung staatlich gewährleist. Darüber hinaus sind Steuerpflichtige aus niedrigeren Einkommensgruppen von gesetzlichen Zuzahlungen, wie z. B. Praxisgebühr und Zuzahlungen zu den Rezeptgebühren, befreit.
Diese Zuzahlungen zählen jedoch zu den Krankheitskosten, welche nach dem gültigen Einkommensteuerrecht zu den außergewöhnlichen Belastungen gerechnet werden, die jedoch nur nach Abzug der zumutbaren Eigenbelastung steuerlich geltend gemacht werden können. Bei Anwendung des vorgenannten Urteils des BVerfG darf jedoch, so die Kläger, keine zumutbare Eigenbelastung gegengerechnet werden.

Tipp: Aufgrund des beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz anhängigen Verfahrens sollten Sie sämtliche Krankheitskosten im Rahmen Ihrer Einkommensteuererklärung angeben. Da sich die Aufwendungen aufgrund der nach dem Gesetz zu berücksichtigenden zumutbaren Belastung nicht oder nicht in voller Höhe steuerlich auswirken, empfehlen wir, gegen den Einkommensteuerbescheid unter Verweis auf das vorgenannte Verfahren Einspruch einzulegen und das Ruhen des Verfahrens zu beantragen.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie im Mandantenbrief Januar 2012.

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