Steuerfreiheit für kleine Photovoltaikanlagen

Durch das Jahressteuergesetz 2022 wurde eine Steuerbefreiung für kleine Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) im Einkommensteuergesetz eingeführt. In der Praxis wartete man auf ein Anwendungsschreiben der Finanzverwaltung, das nun veröffentlicht wurde.

Gesetzliche Neuregelungen

Mit Schreiben vom 29. Oktober 2021 gewährte das Bundesfinanzministerium für kleine PV-Anlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 10 kW/kWp ein Wahlrecht (= steuerlich unbeachtliche Liebhaberei auf Antrag des Steuerpflichtigen). Dieses Wahlrecht wurde im Zuge des Jahressteuergesetzes 2022 durch eine Steuerbefreiung (§ 3 Nr. 72 EStG) ersetzt.

Bei der Steuerfreiheit der Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb von PV-Anlagen sind gewisse Höchstgrenzen (vgl. dazu unten ausführlich) zu beachten, wobei hier auf die installierte Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister abgestellt wird. Insgesamt gilt eine Obergrenze von 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigem oder Mitunternehmerschaft, die für die Anwendung der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 72 EStG nicht überschritten werden darf.

Tipp: Die Steuerbefreiung gilt – unabhängig vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme der PV-Anlage – für Einnahmen und Entnahmen, die nach dem 31. Dezember 2021 erzielt oder getätigt werden.

In dem BMF-Schreiben vom 17. Juli 2023 befinden sich folgende Hinweise:

Begünstigte PV-Anlagen (auch dachintegrierte und Fassaden-PV-Anlagen) und Höchstgrenzen

Es kommt auf die Art des Gebäudes an, wie hoch die maximale maßgebliche Leistung der Anlage(n) in kW (peak) je Steuerpflichtigem / Mitunternehmerschaft ist (gebäudebezogene Betrachtung):

  • Einfamilienhaus (30 kW (peak))
  • Wohnzwecken dienendes Zwei- / Mehrfamilienhaus (15 kW (peak) je Wohneinheit)
  • gemischt genutzte Immobilie (15 kW (peak) je Wohn- / Gewerbeeinheit)
  • nicht Wohnzwecken dienendes Gebäude, z. B. Gewerbeimmobilie mit einer Gewerbeeinheit, Garagengrundstück (30 kW (peak))
  • Gewerbeimmobilie mit mehreren Gewerbeeinheiten (15 kW (peak) je Gewerbeeinheit)

Beispiele

Der Steuerpflichtige A hat auf drei Einfamilienhäusern jeweils eine Anlage mit einer Leistung von 25 kW (peak). Alle drei Anlagen sind begünstigt.

A hat auf seinem Haus mit zwei Wohneinheiten und der dazugehörigen Garage jeweils eine Anlage mit einer Leistung von 15,10 kW (peak). Beide Anlagen sind nicht begünstigt, da deren Leistung (insgesamt 30,20 kW (peak)) die für diese Gebäudeart zulässigen 30,00 kW (peak) überschreitet.

Tipp: Es ist nicht erforderlich, dass der Betreiber der PV-Anlage auch Eigentümer des Gebäudes ist, auf, an oder in dem sich die Anlage befindet.

In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob die 100 kW (peak)-Grenze eingehalten wurde. Dabei sind die Leistungen aller nach § 3 Nr. 72 EStG begünstigten PV-Anlagen zu addieren.

Beispiel

Ein Steuerpflichtiger betreibt zwei Anlagen mit einer Leistung von 30 kW (peak) auf je einem Einfamilienhaus und eine Freiflächen-PV-Anlage mit einer Leistung von 50 kW (peak).

Da Freiflächen-PV-Anlagen (unabhängig von der Größe) nicht begünstigt sind, ist diese Anlage nicht in die Prüfung der 100 kW (peak)-Grenze einzubeziehen. Die Anlagen auf den Einfamilienhäusern sind deshalb begünstigt.

Ist ein Steuerpflichtiger oder eine Mitunternehmerschaft, der bzw. die begünstigte PV-Anlagen betreibt, daneben an einer PV-Anlagen betreibenden anderen Mitunternehmerschaft beteiligt, sind die von der anderen Mitunternehmerschaft betriebenen Anlagen bei der Prüfung der 100 kW (peak)-Grenze nicht anteilig zu berücksichtigen. 

Tipp: Betreibt der Steuerpflichtige PV-Anlagen mit einer Leistung von insgesamt mehr als 100 kW (peak), ist die Steuerbefreiung insgesamt nicht anzuwenden (Freigrenze).

Umfang der Steuerbefreiung

Von der Steuerbefreiung werden Einnahmen und Entnahmen unabhängig von der Verwendung des von der PV-Anlage erzeugten Stroms umfasst. 

Zu den Einnahmen gehören insbesondere die Einspeisevergütung, Entgelte für anderweitige Stromlieferungen (z. B. an Mieter), Vergütungen für das Aufladen von Elektro- / Hybridelektrofahrzeugen, Zuschüsse und bei der Einnahmenüberschussrechnung vereinnahmte und erstattete Umsatzsteuer.

Entnahmen liegen vor, wenn der Strom für betriebsfremde Zwecke verwendet wird (z. B. Verwendung in den zu eigenen Wohnzwecken genutzten Räumen oder Aufladen eines Elektro- oder Hybridelektrofahrzeugs, das sich nicht im Betriebsvermögen des die Photovoltaikanlage betreibenden Betriebs befindet).

Investitionsabzugsbeträge (IAB)

IAB, die in vor dem 01. Januar 2022 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen und bis einschließlich zum 31. Dezember 2021 noch nicht gewinnwirksam hinzugerechnet wurden, sind nach § 7g Abs. 3 EStG rückgängig zu machen, wenn in nach § 3 Nr. 72 EStG begünstigte PV-Anlagen investiert wurde.

Betriebsausgabenabzugsverbot

Unterliegen die Einnahmen bzw. Entnahmen der Steuerbefreiung, kann ab dem Jahr 2022 auch kein Abzug der angefallenen Aufwendungen vorgenommen werden. Dies gilt nach der Auffassung der Finanzverwaltung offensichtlich auch für die Aufwendungen, die in 2022 oder später für die Jahre vor 2022 geleistet werden.

Tipp: Aufgrund des wirtschaftlichen Zusammenhangs mit Einnahmen, die vor dem Jahr 2022 erzielt worden sind und noch steuerpflichtig erfasst wurden, dürfte der Betriebsausgabenabzug für nachgelagerte Aufwendungen in den Jahren 2022 oder später weiterhin zulässig sein (z. B. Zahlung der Steuerberaterkosten für die mit Gewinnerzielungsabsicht betriebene PV-Anlage in 2022 für 2021).

Wurde in 2022 eine PV-Anlage vor Verkündung des § 3 Nr. 72 EStG im BGBl erworben oder sind vor Verkündung Aufwendungen angefallen, so ist in Erwägung zu ziehen, einen Erlassantrag gem. § 163 AO bzw. § 227 AO zu stellen, sofern die Aufwendungen auf der Grundlage und in Vertrauen auf die Anwendung der alten Rechtslage getätigt worden sind.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie in dem Mandantenbrief September 2023.

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