Grundstücksschenkung an die Kinder vor dem Verkauf kein Gestaltungsmissbrauch

Liegt zwischen Anschaffung und Veräußerung einer Wohnung ein Zeitraum von nicht mehr als zehn Jahren, unterliegt der Veräußerungsgewinn der Besteuerung, sofern die Immobilie nicht während des gesamten Zeitraums, mindestens aber im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren, zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden ist.

Hat der Steuerpflichtige die Veräußerung seines Grundstücks „eingefädelt“, liegt nach Ansicht des Bundesfinanzhofs grundsätzlich kein Gestaltungsmissbrauch vor, wenn er das Grundstück zuvor unentgeltlich auf seine Kinder überträgt, die es dann an den Erwerber veräußern. Der Veräußerungsgewinn ist in diesen Fällen bei den Kindern nach deren (oftmals günstigeren) steuerlichen Verhältnissen zu erfassen.

Der Entscheidung des BFH vom 23. April 2021 lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Mutter M erwarb 2011 ein Grundstück. Bereits ein Jahr später übertrug sie das Eigentum unentgeltlich jeweils zu hälftigem Miteigentum auf ihre volljährigen Kinder. Diese verkauften das Grundstück noch an demselben Tag. Der Betrag wurde je zur Hälfte an die Kinder ausgezahlt. Die Verkaufsverhandlungen wurden allein durch M geführt. Dadurch, dass nicht die M veräußert hatte, ergab sich unter dem Strich eine Steuerersparnis von rund € 14.000,00.

Das Finanzamt und das Finanzgericht Nürnberg rechneten den Verkaufsgewinn allerdings der M zu, da ein rechtlicher Gestaltungsmissbrauch vorliegen würde. Der BFH sah das aber anders.

Bei einem unentgeltlichen Erwerb ist dem Einzelrechtsnachfolger (im Streitfall die Kinder) die Anschaffung durch den Rechtsvorgänger (im Streitfall die Mutter) nach § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG zuzurechnen. Diese Regelung dient, so der BFH, der Verhinderung von Missbräuchen. Denn Anschaffung ist (nur) der entgeltliche Erwerb eines Wirtschaftsguts. Ohne die Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG könnte die Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft durch eine unentgeltliche Übertragung auf einen Dritten umgangen werden.

Das Bestreben, Steuern zu sparen, macht für sich allein eine Gestaltung noch nicht unangemessen. Vorliegend ergibt sich ein „Steuervorteil“ allein daraus, dass die unentgeltliche Übertragung des Grundstücks von Gesetzes wegen akzeptiert wird – mit der Folge, dass ein Veräußerungsgewinn nicht vom Schenker, sondern vom Beschenkten nach dessen persönlichen Verhältnissen versteuert werden muss.

Tipp: Im Streitfall ging es um die einkommensteuerlichen Folgen der Gestaltung. Zu beachten ist aber auch, dass eine unentgeltliche Zuwendung Schenkungsteuer auslösen kann. Bei Schenkungen an die Kinder fällt aber nur dann Schenkungsteuer an, soweit die Zuwendung – unter Berücksichtigung von Vorschenkungen innerhalb eines 10-Jahres-Zeitraums – den Freibetrag von € 400.000,00 übersteigt.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie in dem Mandantenbrief November 2021.

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