Abgrenzung freiberuflicher von gewerblichen Einkünften

Vielfach strittig ist die Abgrenzung zwischen gewerblichen und freiberuflichen Einkünften. Von Bedeutung ist dies insbesondere deshalb, weil gewerbliche Einkünfte neben der Einkommensteuer auch der Gewerbesteuer unterliegen, freiberufliche dagegen nicht. Zwar wird bei gewerblichen Einkünften zum Ausgleich der Mehrbelastung durch die Gewerbesteuer bei der Einkommensteuer wiederum eine Steuerermäßigung gewährt. Jedoch ist gerade in Städten mit Gewerbesteuer-Hebesätzen von deutlich über 400 % die Einstufung als gewerbliche Tätigkeit nachteilig, da die Steuerermäßigung auf das 3,8-Fache des Gewerbesteuer-Messbetrags begrenzt ist und die Minderung der Einkommensteuer die gewerbesteuerliche Mehrbelastung somit vielfach nicht ausgleicht. 
Bei Freiberuflern ist diese Abgrenzung vor allem deshalb strittig, weil die gesetzliche Aufzählung der freiberuflichen Einkünfte (sog. Katalogberufe) in der Praxis mit dem Wandel der Berufsfelder oft nicht Schritt hält. In diesem Zusammenhang möchten wir auf folgende Urteile hinweisen:

Genügt bei einem Autodidakten das theoretische Wissen entsprechend eines Bachelorstudiengangs zur Bejahung von Einkünften aus selbstständiger Arbeit?

Strittig war im zugrundeliegenden Fall, über welches Wissen ein Autodidakt verfügen muss, damit vergleichbare Kenntnisse zu denen eines beratenden Ingenieurs gegeben sind. Der Steuerpflichtige übte eine Tätigkeit als Bauleiter und Fachplaner für technische Gebäudeausrüstung (TGA) mit den Schwerpunkten Gas/Wasser/Heizung/Raumlufttechnik aus. Zu prüfen war nun zunächst, ob die vom Steuerpflichtigen erworbenen Kenntnisse der Tiefe und der Breite nach dem Wissen des Kernbereichs eines Ingenieurstudiums entsprechen.

Nach dem Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. November 2013 muss das autodidaktisch erworbene Wissen mindestens demjenigen eines Absolventen eines dreijährigen technischen Bachelorstudiengangs an einer Fachhochschule entsprechen. In Anbetracht der durch die Hochschulreform im sogenannten „Bologna-Prozess“ bewirkten Veränderungen, die auch ihren Niederschlag in den Ingenieurgesetzen der Länder gefunden haben, dürfen auch diese Absolventen mittlerweile die (geschützte) Berufsbezeichnung Ingenieur führen.

Tipp: Im Urteilsfall war dies zu verneinen, doch ist dieses Urteil für vergleichbare Fallgestaltungen von Bedeutung, da hiermit der Bewertungsmaßstab an die jetzige Studiensituation angepasst wurde.

Genügt bei einem Autodidakten das theoretische Wissen eines Absolventen der Fachhochschule?

In dem Streitfall befasste sich das Finanzgericht München mit der Frage, ob der Steuerpflichtige im Streitjahr mit seinen Dienstleistungen auf dem Gebiet der EDV gewerblich tätig war oder einen – ingenieurähnlichen – freien Beruf ausübte. 

Der Steuerpflichtige legte im Jahr 1981 die Prüfung als Handelsfachwirt ab. In den Folgejahren nahm er an Lehrgängen zu IBM System/38, zu den Themen Basisschulung Textverarbeitung und Systemverwaltung, zu verschiedenen Themen in Zusammenhang mit dem Datenbanksystem JD Edwards und zur Unternehmenssoftware SAP R/3 teil. Beschäftigt war er als Programmierer, später vorwiegend in Zusammenhang mit dem Datenbanksystem JD Edwards. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Steuerpflichtige mangels ausreichender Kenntnisse insbesondere in dem Kernfach Mathematik gewerblich tätig gewesen sei.

Das Finanzgericht bestätigte mit Urteil vom 18. Oktober 2012 die Ansicht des Finanzamts und führte hierzu aus, dass ohne ausreichende Grundlagen in den Bereichen Mathematik, Statistik und Operations Research der Nachweis, dass die Kenntnisse mit denen eines Wirtschaftsinformatikers vergleichbar sind, nicht geführt werden kann. Maßgeblich seien Kenntnisse, über die ein Absolvent der (Fach-)Hochschule des Streitjahres verfügt.

Tipp: Diese Urteile verdeutlichen, dass für den Einzelfall möglichst genau nachgewiesen werden sollte, welche für einen Beruf erforderlichen Fähigkeiten erworben wurden.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie im Mandantenbrief Juni 2014.

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