Bundesfinanzhof erleichtert die Steueroptimierung mit Gehaltsextras

Arbeitgeber können ihren Mitarbeitern eine Vielzahl von steuerfreien oder pauschalversteuerten Gehaltsbestandteilen zuwenden. Diese steuerbegünstigten Gehaltsextras haben aber oft „einen Haken“: In vielen Fällen müssen sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden. Dieses Zusätzlichkeitserfordernis hat der Bundesfinanzhof am 01. August in drei Urteilen zugunsten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer neu definiert.

Das Zusätzlichkeitserfordernis hat u. a. auf nachfolgende Vergütungsbestandteile Auswirkungen. Das heißt: Hier ist eine Steuerbegünstigung oder eine Pauschalversteuerung durch den Arbeitgeber nur zulässig, wenn die Gehaltsextras zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden:

Gehaltsextras mit Zusätzlichkeitserfordernis

  • Steuerfreier Zuschuss zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr.
  • Steuerfreier Zuschuss zur betrieblichen Gesundheitsförderung (ab 2020: bis zu € 600,00 je Arbeitnehmer im Kalenderjahr)
  • Steuerfreier Kindergartenzuschuss
  • Pauschal zu versteuernde Beträge für die Übereignung von Datenverarbeitungsgeräten samt Zubehör und Internetzugang
  • Pauschal zu versteuernde Zuschüsse zu Fahrtkosten für Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte

Bisherige Sichtweise zum Zusätzlichkeitserfordernis

In 2012 hatte der BFH entschieden, dass der „ohnehin geschuldete Arbeitslohn” der arbeitsrechtlich geschuldete Arbeitslohn ist. „Zusätzlich” zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn werden nur freiwillige Arbeitgeberleistungen erbracht. Nur solche schuldet der Arbeitgeber nicht ohnehin.

Die Finanzverwaltung ist hier etwas großzügiger. Sie sieht die Zusätzlichkeitsvoraussetzung bereits als erfüllt an, wenn die zweckbestimmte Leistung zu dem Arbeitslohn hinzukommt, den der Arbeitgeber arbeitsrechtlich schuldet. Nur Gehaltsumwandlungen sind danach schädlich.

Kommt die zweckbestimmte Leistung zu dem Arbeitslohn hinzu, den der Arbeitgeber schuldet, ist das Tatbestandsmerkmal „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ auch dann erfüllt, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich oder wegen einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage einen Anspruch auf die zweckbestimmte Leistung hat.

Neue Rechtsprechung

„Ohnehin geschuldeter Arbeitslohn“ ist der Lohn, den der Arbeitgeber verwendungsfrei und ohne eine bestimmte Zweckbindung (ohnehin) erbringt.

Zusätzlicher Arbeitslohn liegt vor, wenn dieser verwendungs- bzw. zweckgebunden neben dem ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet wird. Es kommt nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer auf den zusätzlichen Arbeitslohn einen arbeitsrechtlichen Anspruch hat.

Ein arbeitsvertraglich vereinbarter Lohnformenwechsel ist nicht schädlich für die Begünstigung. Setzen Arbeitgeber und Arbeitnehmer den „ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ für künftige Lohnzahlungszeiträume arbeitsrechtlich wirksam herab, kann der Arbeitgeber diese Minderung durch verwendungsgebundene Zusatzleistungen steuerbegünstigt ausgleichen. Diese treten dann zum Zahlungszeitpunkt zum ohnehin – nur noch in geminderter Höhe – geschuldeten Lohn hinzu und werden somit „zusätzlich“ zu diesem erbracht.

Es besteht jedoch ein Anrechnungsverbot auf den unverändert bestehenden Lohnanspruch. Denn in Anrechnungs-/Verrechnungsfällen wird nicht „zusätzlich zum“, sondern „ersatzweise an Stelle von“ regelbesteuertem Arbeitslohn geleistet. Der Arbeitgeber darf also nicht einseitig, d. h., ohne Vertragsänderung, eine im Hinblick auf die vorhandenen Begünstigungstatbestände optimierte Berechnung der Lohnsteuer bewirken.

Der BFH hat auch herausgestellt, dass es unschädlich ist, wenn der Lohnverzicht für andere Ansprüche (z. B. zukünftige Lohnerhöhungen, gesetzliche Abfindungsansprüche, ggf. Urlaubs- oder Weihnachtsgeld) nicht gilt, sondern diese mithilfe eines Schattenlohns auf Grundlage des bisherigen Bruttoarbeitslohns berechnet werden.

Schädlich ist es aber, wenn der Arbeitgeber bei Wegfall einer Zusatzleistung den „Lohnverzicht“ durch eine Gehaltserhöhung ausgleichen muss.

Tipp: Die neue Rechtsprechung schließt eine Gehaltsumwandlung bzw. einen Wechsel der Lohnform nicht mehr aus. Dies steht jedoch im Gegensatz zur Verwaltungssichtweise. Da die Entscheidungen noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht worden sind, sind die Finanzämter noch an die alte Rechtslage gebunden. Bis zu einer Veröffentlichung bzw. einer Reaktion durch das Bundesfinanzministerium sollten Arbeitgeber weiter nach der alten Rechtslage verfahren.

Diesen Artikel und andere Steuernews lesen Sie im Mandantenbrief Januar 2020.

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